Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen T 5 O 68/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 08.01.2021 im Kostenausspruch aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

3. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Klausel, auf welche sich die Beklagte als Sparkasse gegenüber Verbrauchern in Immobiliardarlehensverträgen beruft.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und als qualifizierte Einrichtung eingetragen ist (s.a. Anlage K 1). Die Beklagte verwendete in Immobiliardarlehensverträgen Formulare, die unter "Ziff. 3.4 Sonstige Kosten" folgende Klausel enthalten:

"...

Weitere Kosten: Preis für Darlehensjahreskontoauszug in Höhe von zur Zeit 20,00 EUR p.a."

Wegen der Einzelheiten wird auf den exemplarisch vorgelegten Immobiliardarlehensvertrag vom 07.10.2015 Bezug genommen (Anlage K 2). Die Beklagte beruft sich gegenüber Verbrauchern in laufenden Verträgen auf diese Klausel.

Mit Schreiben vom 14.11.2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Unterlassung der weiteren Berufung auf die Klausel im Rechtsverkehr mit Verbrauchern auf (Anlage K 4). Dies lehnte die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.11.2019 ab (Anlage K 5).

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel sei im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie die Vertragspartner der Beklagten bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung unangemessen benachteilige.

Die Klausel enthalte weder eine Vergütungsvereinbarung für eine vertragliche Hauptleistungspflicht noch werde eine vertragliche Sonderleistung der Beklagten vergütet. Anders als in dem Fall, welcher der Entscheidung des OLG Karlsruhe (Az. 14 U 41/12) zu Grunde gelegen habe, werde vorliegend schon kein Entgelt berechnet. Hingegen würden mit der Klausel pauschalierte Kosten vorgegeben, die tatsächlich nicht anfielen.

Die Klausel sei unter der Rubrik "Sonstige Kosten" aufgeführt, sodass ein Verbraucher zwingend davon ausgehen müsse, dass es sich um einen Kostenerstattungsanspruch handle, der von einem rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsverbraucher mit einem Aufwendungsersatzanspruch gleichgesetzt werde. Nach § 675 Abs. 1 BGB iVm § 670 BGB dürfe ein Geschäftsbesorger aber lediglich derartige Aufwendungen ersetzt verlangen, die er nach den Umständen für erforderlich halten dürfe. Schon aus diesem Grund weiche die streitige Klausel vom dispositiven Recht ab. Denn sie lasse die Erforderlichkeit der konkret entfalteten Tätigkeit und die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten entgegen den wesentlichen Grundgedanken des Aufwendungsersatzanspruches völlig außer Betracht.

Zudem erfolge die Verbuchung und Kontoführung bei den vorliegenden Immobiliardarlehensverträgen ausschließlich im eigenen Interesse der Beklagten. Gleiches gelte für die Berechnung und etwaige Mitteilung des Betrages, der aus dem Darlehen noch offen sei. Die Berechnung erfolge, um die Erfüllung ihrer (ausstehenden) Ansprüche abzugleichen.

Darüber hinaus müsse nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel jeder Verbraucher für einen Kontoauszug zahlen, den er weder angefordert habe noch überhaupt zur Kenntnis erhalten müsse. Denn die Klausel sehe keinerlei Übersendung der Kontoauszüge vor.

Auch verfange das Argument der Beklagten nicht, dass es sich bei dem Darlehensjahreskontoauszug um eine Steuerbescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt handle. Ein Darlehensnehmer benötige eine derartige Steuerbescheinigung in den überwiegenden Fällen, in denen er die finanzierte Immobilie selbst nutze, aber nicht, weil er ausgewiesene Beträge nicht von der Steuer absetzen könne. Dies sei dem Verständnis der Klausel zumindest bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung zu Grunde zu legen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. Der Beklagten wird untersagt, sich gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB auf nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Immobiliar-Darlehensverträgen mit (anfänglich) gebundenem Sollzins zu berufen:

Preis für Darlehensjahreskontoauszug in Höhe von zur Zeit 20,00 EUR p.a.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Bepreisung eines Jahresdarlehenskontoauszuges sei zulässig.

Bei der vergüteten Tätigkeit handle es sich um eine echte Serviceleistung, zu deren Erbringung die Bank weder von Gesetzes wegen noch auf Grund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei und die auch nicht ausschließlich im eigenen Interesse der Bank liege.

Die Beklagte sei auf Grundla...

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