Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldnerverzug: Unrichtigkeit eines vom Schuldner eingeholten Sachverständigengutachtens zur Leistungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Beauftragt der Schuldner einen technischen Sachverständigen mit der für die Beurteilung seiner Leistungspflicht erforderlichen Aufklärung des Sachverhalts, so bedient er sich des Gutachters bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeit.
2. Erstattet der vom Schuldner zur Beurteilung seiner Leistungspflicht beauftragte Sachverständige schuldhaft ein falsches Gutachten, so hat der Schuldner die darauf beruhende Nichtleistung zu vertreten und gerät in Verzug.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 18.09.2003; Aktenzeichen 6 O 482/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Freiburg vom 18.9.2003 - 6 O 482/02 - aufgehoben.
2. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Höhe des Klageanspruchs an das LG Freiburg, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat, zurückverwiesen.
Gründe
I. Mit der Begründung, sie habe seinen Anspruch aus einem Garantievertrag verspätet erfüllt, verlangt der Kläger von der Beklagten Ersatz des ihm daraus entstandenen Verzugsschadens.
Im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Gebrauchtwagens an den Kläger hatte die Verkäuferin mit der Beklagten zugunsten des Klägers einen Garantievertrag abgeschlossen. Die Garantiebedingungen der Beklagten waren Vertragsbestandteil. Der Garantievertrag gab dem Kläger bei innerhalb der Garantiezeit auftretenden und zur Funktionsunfähigkeit führenden Fehlern bestimmter - in den Garantiebedingungen abschließend aufgeführter - Bauteile des Fahrzeugs einen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchführung der Reparatur beim Verkäufer oder - bei Reparatur in einer Fremdwerkstatt - Erstattung der Reparaturkosten.
Am 17.3.2000 - innerhalb der Garantiezeit - trat an dem Fahrzeug ein Motorschaden auf. Die vom Kläger daraufhin aus der von ihr übernommenen Garantie in Anspruch genommene Beklagte beauftragte die D. AG mit der Feststellung der Schadensursache. In dem vom D.-Gutachter erstellten Kurzgutachten vom 3.4.2000 heißt es, der Motorschaden beruhe auf einem Bruch der - im Katalog der von der Garantie umfassten Bauteile nicht aufgeführten - Umlenkrolle. Mit Schreiben vom 12.5.2000 teilte die Beklagte dies dem Klägervertreter mit. Die unter dem 11.7.2000 schriftlich erfolgte Aufforderung, bis zum 26.7.2000 Zustimmung zur fachgerechten Reparatur unter vollständiger Übernahme der sich gem. Kostenvoranschlag auf 7.612,01 DM belaufenden Kosten zu erteilen, wies die Beklagte ggü. dem Klägervertreter mit Schreiben vom 19.7.2000 zurück. Daraufhin verklagte der Kläger die Beklagte beim AG Freiburg auf Zahlung von 7.612,01 DM. Der vom AG bestellte Sachverständige kam zum Ergebnis, dass das von der Beklagten eingeholte Gutachten des D.-Sachverständigen falsch gewesen sei. Ursache des Motorschadens sei nicht ein Defekt der Umlenkrolle, sondern ein solcher der - im Katalog der von der Garantie umfassten Bauteile aufgeführten - Spannrolle gewesen. Hierauf erkannte die Beklagte den mit der Klage geltend gemachten Anspruch an. Am 2.7.2002 erging Anerkenntnisurteil, am 10.7.2002 hat die Beklagte bezahlt.
Mit der jetzigen Klage macht der Kläger den ihm durch die verzögerte Zahlung entstandenen und der Höhe nach streitigen Schaden geltend. Wegen des vom Kläger verfolgten Anspruchs und des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts im Einzelnen, wegen des Vorbringens der Parteien sowie wegen der gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Mit Urteil vom 18.9.2003 hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe sich schon deshalb nicht im Verzug befunden, weil sie die Nichterfüllung einer etwaigen Zahlungspflicht nicht zu vertreten gehabt habe (§ 285 BGB a.F.). Sie habe nämlich auf die Richtigkeit des von ihr eingeholten D.-Gutachtens zur Ursache des Motorschadens vertrauen dürfen, so dass es an einem Verschulden der Beklagten fehle. Die D. sei auch nicht Erfüllungsgehilfin der Beklagten gewesen, deshalb brauche diese sich auch nicht deren etwaiges Verschulden gem. § 278 BGB zurechnen lassen.
Der Kläger hat gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, das zur Erstattung des falschen Gutachtens führende Verschulden des D.-Sachverständigen sei der Beklagten zuzurechnen, so dass sie mit ihrer Leistungspflicht aus der Garantievereinbarung in Verzug geraten sei. Er bittet, gem. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO zu verfahren und beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung führt, wie vom Klä...