Entscheidungsstichwort (Thema)
Bio-Tattoo
Leitsatz (amtlich)
Lässt sich der Geschädigte ein sog. Bio-Tattoo stechen, das sich spätestens nach 3 bis 7 Jahren "in Nichts auflösen soll", so steht ihm ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen rechtswidrige Körperverletzung zu, wenn das Tattoo dauerhaft verbleibt. Die Verjährung des Anspruchs beginnt nicht vor Ablauf der 7-Jahres-Frist, nach der das Tattoo spätestens verschwinden sollte, auch wenn vorher zu erwarten war, dass dies nicht eintritt.
Normenkette
BGB a.F. § 195; BGB § § 199 ff., §§ 823, 847
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 21.05.2008; Aktenzeichen 8 O 21/08) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mannheim vom 21.5.2008 - 8 O 21/08 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der Anbringung eines "Bio Tattoos" auf dem Bauch am 17.2.1998 entstanden ist und noch entstehen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das LG, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle und immaterielle Schäden wegen der Anbringung eines sog. Bio-Tattoos, das nach 3 bis 7 Jahren verschwinden sollte, abgewiesen. Die Klage sei teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet, da der Anspruch jedenfalls verjährt sei. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagbegehren in vollem Umfang weiter und beantragt hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Wegen des Weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
1. Entgegen der Auffassung des LG ist die Feststellungsklage auch insoweit zulässig, als materieller Schadensersatz für die voraussichtlich anfallenden Kosten der Beseitigung des Tattoos begehrt wird. Das LG hat zu Recht ausgeführt, eine Feststellungsklage sei auch dann zulässig, wenn der Kläger zwar einen Teil des Anspruchs beziffern könne, aber eine endgültige Bezifferung wegen der andauernden Schadensentwicklung noch nicht möglich sei. Allerdings hat es verkannt, dass hier die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Zwar ist die rechtswidrige unerlaubte Handlung beendet, um die es sich bei der Anbringung eines dauerhaften Tattoos handelt, wenn lediglich eine Einwilligung in ein sich wieder auflösendes Tattoo gegeben wurde. Auch steht fest, dass sich das Tattoo nicht auflösen wird. Jedoch ist damit die endgültige Schadensentwicklung nicht abgeschlossen. Denn zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass die Entfernung des Tattoos erforderlich ist und Kosten verursachen wird. Deren Bezifferung ist noch nicht abschließend möglich, so dass die Klage auf Feststellung zulässig ist.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens gem. §§ 823 Abs. 1, 253 BGB.
Der Senat ist aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin R. davon überzeugt, dass die Beklagte das Tattoo auf dem Bauch der Klägerin angebracht hat. (Wird ausgeführt.)
Das Anbringen des Tattoos stellt eine Körperverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB dar, die rechtswidrig war. Das Bio-Tattoo ist nicht wie unstreitig u.a. auf dem Flyer der Beklagten versprochen nach 3 bis 7 Jahren verschwunden, sondern auch heute, 10 Jahre später, noch deutlich sichtbar. Da die Klägerin unstreitig kein dauerhaftes Ornament haben wollte, war ihre Einwilligung in die Körperverletzung auch für die Beklagte erkennbar nicht darauf gerichtet, einer dauerhaften Veränderung ihres Körpers zuzustimmen. Diese ist daher durch die Beklagte rechtswidrig verursacht worden. Verschulden liegt ebenfalls vor, da die Beklagte die erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ, als sie offensichtlich die Farbe nicht wie versprochen nur in die oberste Hautschicht eingebracht hat, sondern in tiefer liegende Schichten, so dass das Tattoo dauerhaft ist.
3. Der Anspruch der Klägerin ist nicht gem. § 852 BGB a.F. oder §§ 195, 199 BGB verjährt. Dabei kann dahin stehen, ob hier das Verjährungsrecht in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung oder in der danach geltenden Fassung Anwendung findet. Verjährung ist in keinem Falle eingetreten.
Die Beklagte hat unstreitig auf ihrem Flyer damit geworben, in einem überschaubaren Zeitraum von 3 bis 7 Jahren löse sich das Tattoo "wieder in Nichts auf". Das war Grundlage der Vereinbarung der Parteien über das Tatoo der Klägerin. Diese 7 Jahre wären am 17.2.2005 abgelaufen. Die Feststellung d...