Entscheidungsstichwort (Thema)

Absehen von vertraglich vereinbarter förmlicher Abnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzungen für ein einverständliches Absehen der Parteien eines Bauvertrages von der vereinbarten förmlichen Abnahme.

2. Berechnung einer vertraglich vereinbarten Verjährungsfrist bei Mängelbeseitigungsverlangen nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B.

 

Normenkette

VOB/B § 4 Nr. 7, § 12 Nr. 5, § 13 Nr. 5–7

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 20.11.2002; Aktenzeichen 8 O 183/02)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 20.11.2002 – 8 O 183/02 – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 33.057,66 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen mangelhafter Dacheindeckung bei einem Ärztehaus in N.

Die Beklagte wurde von der Rechtsvorgängerin der Klägerin (künftig: Klägerin) im Juni 1993 mit den Dachdecker- und Klempnerarbeiten am Bauvorhaben „Ärztehaus N.” beauftragt. Nach dem Verhandlungsprotokoll, welches Vertragsgrundlage wurde, war eine förmliche Abnahme vorgesehen. Die Gewährleistung sollte sich nach VOB/B richten und als Gewährleistungsfrist vereinbarten die Parteien einen Zeitraum von fünf Jahren und einem Monat. Ferner wurde bestimmt, dass zur Unterbrechung der Verjährungsfrist die schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung genügt.

Nach Errichtung des Ärztehauses fand am 19.2.1994 die Gesamtabnahme im Verhältnis zwischen der Bauherrin, der V. GmbH, und der Klägerin statt. Am 21.2.1994 übersandte die Beklagte ihre Schlussrechnung über 12.334,46 DM an die Klägerin. Mit Schreiben vom 2.3.1994 forderte sie unter Bezugnahme auf die Gesamtabnahme die Beklagte auf, die dort festgehaltenen Mängel an ihrem Gewerk fachgerecht zu beseitigen. Nachdem der Rechnungsbetrag in den Folgemonaten nicht bei der Beklagten einging, wurde die noch offene Restvergütung nebst Differenzbeträgen aus Nachtragsrechnungen nochmals am 9.12.1994 der Klägerin in Rechnung gestellt. Die Klägerin prüfte die Rechnung und kürzte sie um die nicht berücksichtigte Bauwesenversicherung, einen Sicherheitseinbehalt sowie einen vereinbarten Nachlass. Zudem wurde die Fälligkeit zum 13.2.1995 festgestellt. Der entspr. Prüfungs- und Zahlungsbeleg wurde der Beklagten übersandt. Aufgrund von Beanstandungen der Bauherrin wurde unter Beteiligung der Parteien am 22.8.1995 eine Begehung der Dachfläche durchgeführt und mit Schreiben vom gleichen Tag die Beklagte aufgefordert, den Nachweis über die ordnungsgemäße Befestigung gem. Herstellervorschrift zu erbringen. Am 7.8.1997 erfolgte eine weitere Mängelanzeige durch die Klägerin ggü. der Beklagten, welche Tropfstellen bei starken Regenfällen sowie teilweise gerissene Schiebenähte am Flachdach betraf. Schließlich übersandte die Klägerin der Beklagten am 16.7.1999 ein Mängelprotokoll und forderte sie zur Mängelbeseitigung auf. Ende Februar 1999 leitete die Bauherrin ggü. der Klägerin ein Beweissicherungsverfahren ein, welches sich unter anderem auf das Gewerk der Beklagten bezog. Am 8.3.2000 erstatteten die bestellten Gutachter Dipl.-Ing. A. und M. ihre schriftlichen Gutachten. Daraufhin verkündete die Klägerin der Beklagten durch Schriftsatz vom 11.4.2000, zugestellt am 20.4.2000, den Streit.

Zwischen der Bauherrin und der Klägerin kam es Anfang September 2000 zu einer Vereinbarung zur abschließenden Regelung ihres Vertragsverhältnisses. Danach erstattete die Klägerin der Bauherrin einen Betrag von 268.000 DM netto als Minderung des Werklohns, wobei hiervon ein Betrag von 75.000 DM brutto auf die festgestellten Mängel an der Dacheindeckung des Ärztehauses entfielen. Den Nettoschadensbetrag von 64.655,17 DM = 33.057,66 Euro verlangt die Klägerin von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.

Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen, da der Klägerin weder aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B noch aus § 13 Nr. 7 VOB/B ein Anspruch zustehe. Zwar habe keine förmliche Abnahme stattgefunden. Hierauf habe die Klägerin jedoch verzichtet. Die Beklagte habe durch Übersendung der Schlussrechnung zu erkennen gegeben, dass sie auf eine förmliche Abnahme keinen Wert lege. Die Klägerin ihrerseits habe durch die Prüfung der weiteren Rechnung vom Dezember 1994 und der Übersendung des Prüfungs- und Zahlungsbelegs sowie der Feststellung des Fälligkeitstermins für die noch ausstehende Zahlung erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht mehr von ihrem Recht, eine förmliche Abnahme zu fordern, Gebrauch machen wolle. Damit seien die Abnahmewirkungen zum Zeitpunkt des Verzich...

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