Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Frachtführers zur Bodenuntersuchung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Architekt ist verpflichtet, den Baugrund zu klären. Er hat sich in jedem Fall zu vergewissern, ob der Statiker von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen ist.

2. Bestehen Zweifel daran, ob ein Baugrund genügend tragfähig ist, genügt der Statiker seinen Pflichten nicht, wenn er sich auf eine Besichtigung der Baugrube und Abänderung seines ursprünglichen Entwurfs beschränkt, ohne dass die Tragfähigkeit des Baugrundes hinreichend geklärt ist.

3. Sobald ein Statiker Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort hat und diese Kenntnisse Zweifel begründen, ob der Baugrund hinreichend tragfähig ist, treffen ihn auch ggü. dem Architekten Hinweispflichten.

 

Normenkette

HOAI § 64; VOB/B § 4 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 03.08.2006; Aktenzeichen 2 O 63/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil des LG Konstanz vom 3.8.2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 118.678,72 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 103.099,76 EUR ab dem 1.1.2006 und aus weiteren 15.578,96 EUR seit 1.2.2006 zu bezahlen.

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen weiter gehenden Schaden in Höhe eines Haftungsanteils von 50 % zu ersetzen hat, den sie aufgrund der Verurteilung ihres Versicherungsnehmers, Herrn K.A., in Ziff. 2 des Urteils des LG Konstanz vom 2.12.2005, Geschäftsnummer 2 O 66/01 D, erleidet. Ausgenommen hiervon sind Schäden, die auf das Schwimmbad und auf die Abdichtung des Treppenabgangs zurückzuführen sind.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 11/20, der Beklagte 9/20. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Statik.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Beide Parteien haben gegen das Urteil des LG Berufung eingelegt.

Die Klägerin behauptet, es habe ein Vertragsverhältnis zwischen ihrem Versicherungsnehmer und dem Beklagten bestanden. Der Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden - mit Ausnahme der auf das Schwimmbad entfallenden Schäden - allein. Der Beklagte habe die alleinige Verantwortung für die Tragfähigkeit des Baugrundes übernommen, als er den Baugrund vor Ort besichtigte und daraufhin seine Statik abänderte. Diese Maßnahmen hätten es entbehrlich gemacht, ein Baugrundgutachten einzuholen. Der Beklagte habe auch kein Baugrundgutachten empfohlen. Daher treffe ihren Versicherungsnehmer kein Mitverschulden. Insbesondere könne ihm weder angelastet werden, dass er den Bauherrn nicht auf das Erfordernis eines Baugrundgutachtens hingewiesen habe noch dass er sich auf die Angaben des Beklagten verlassen habe. Jedenfalls könne ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers nicht mit 40 % gewichtet werden. Der Schadensersatzanspruch umfasse auch die Kosten, die ihr Versicherungsnehmer im Vorprozess dem Bauherrn habe erstatten müssen. Diese entfielen weit überwiegend auf Gutachterkosten, die nicht angefallen wären, wenn der Beklagte einer außergerichtlichen Einigung im Vorprozess zugestimmt hätte.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Abänderung des Urteils des LG Konstanz zu verurteilen, an die Klägerin 240.362,51 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 206.199,53 EUR ab dem 1.1.2006 und aus weiteren 34.126,98 EUR seit dem 1.2.2006 zu bezahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen weiter gehenden Schaden zu ersetzen hat, den sie aufgrund der Verurteilung ihres Versicherungsnehmers K.A., in Ziff. 2 des Urteils des LG Konstanz vom 2.12.2005, Geschäfts Nr. 2 O 66/01 D erleidet.

3. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

2. das Urteil des LG Konstanz vom 3.8.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe seine Statikerleistungen für die K. A. GmbH erbracht. Die Klägerin sei daher nicht aktiv legitimiert. Sofern ein Vertragsverhältnis zum Versicherungsnehmer der Klägerin bestanden habe, sei er lediglich zu Leistungen nach § 64 HOAI, Leistungsphasen 4 und 5 verpflichtet gewesen. Das Baugrundrisiko könne ihm nicht angelastet werden, sondern treffe grundsätzlich den Bauherrn. Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe das Baugrundrisiko vom Bauherrn übernommen. Insoweit habe der Versicherungsnehm...

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