Leitsatz (amtlich)
Vollstreckbare Urkunden werden vom Risikoausschluss des § 5 Abs. 3 lit. e ARB 1994 nicht betroffen.
Normenkette
ARB-1994 § 5 Abs. 3 lit. e; ARB-1975 § 2 Abs. 3 lit. b
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 25.11.2005; Aktenzeichen 8 O 259/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Mannheim vom 25.11.2005 - 8 O 259/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Rechtsschutz für das beabsichtigte Klageverfahren gegen die B.-Bank AG-Vollstreckungsabwehr gegen die notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung i.H.v. 447.363,29 DM zur UR.-Nr. ... des Notars ... - zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aufgrund eines Rechtsschutzversicherungsvertrages.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem Jahr 1984 rechtschutzversichert; dem Versicherungsvertrag zugrunde lagen zunächst die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1975 (ARB 1975), an deren Stelle mit Wirkung vom 4.3.1998 vereinbarungsgemäß die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1994 (ARB 1994) traten. § 5 Abs. 3 lit. e ARB 1994 bestimmt im Wesentlichen gleich lautend mit der früheren Regelung in § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975:
(3) Der Versicherer trägt nicht [...]
e) Kosten aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die später als fünf Jahre nach Rechtskraft des Vollstreckungstitels eingeleitet werden.
Im Jahr 1990 beteiligte sich Kläger auf Grundlage eines, wie er heute meint, fehlerhaften Prospektes mit einer Einlage von 447.300 DM (einschl. Agio) an der "F". Für das Vorgehen gegen die Prospektverantwortlichen der Fondsgesellschaft hat die beklagte Versicherung Rechtsschutz zugesagt.
Grundlage der Fondsbeteiligung war ein Treuhandvertrag mit der P.-Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft, worin die Treuhänderin u.a. bevollmächtigt wurde, für den Kläger die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5. ZPO zu erklären. Von dieser Vollmacht machte die P.-Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mit Datum vom 25.10.1990 Gebrauch und gab eine notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung zugunsten der den Fonds finanzierenden B.-Bank AG über 447.363,29 EUR ab (...). Der Kläger ist unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH der Auffassung, dass der Treuhandvertrag einschließlich der darin enthaltenen Vollmacht zugunsten der Treuhandgesellschaft unwirksam sei. Infolgedessen sei auch die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung für ein der Fondsgesellschaft durch die B.-Bank AG gewährtes Darlehen nicht wirksam erklärt worden.
Die Fondsgesellschaft stellte zwischenzeitlich die Darlehensrückzahlung an die B.-Bank AG ein. Der Kläger forderte diese daraufhin unter Hinweis auf seine Rechtsauffassung auf zu erklären, dass sie die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde ... nicht betreiben werde. Die Bank hat die Abgabe einer solchen Erklärung mit Schreiben vom 13.5.2005 verweigert.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte für eine Klage gegen die B.-Bank AG analog § 767 BGB Rechtsschutz zu gewähren habe. Er hat beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Rechtsschutz für das beabsichtigte Klageverfahren gegen die B.-Bank AG - Vollstreckungsabwehr gegen die notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung i.H.v. 447.363,29 DM zur UR.-Nr. ... des Notars - zu bewilligen.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei leistungsfrei, weil die vollstreckbare Urkunde im Jahr 1990 errichtet worden sei und die Beklagte gem. § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975 für die Kosten der Vollstreckungsabwehr nicht einzustehen habe, wenn diese mehr als fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungstitels anfielen. Zwar seien vollstreckbare Urkunden i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Rechtskraft nicht zugänglich; die Interessenlage des Versicherers sei aber auch in diesen Fällen erkennbar darauf gerichtet, das Risiko einer Inanspruchnahme auf die Dauer von fünf Jahre zu begrenzen. Der Versicherungsnehmer werde durch eine solche Auslegung nicht unangemessen benachteiligt, denn § 2 Abs. 3 lit. b ARB 1975 trage dem Umstand Rechnung, dass nach Ablauf von fünf Jahren nur selten Vollstreckungsversuche unternommen würden; dies gelte auch für Urkunden, in der sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfa...