Leitsatz (amtlich)
Soweit eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Anerkennung von durch andere Mitgliedstaaten erteilten Führerscheinen nicht besteht, ist die Regelung des § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FEV a. F. uneingeschränkt auf Fahrerlaubnisse von Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden.
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts vom 17. Januar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Dem Angeklagten liegt nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts vom 19.06.2007 zur Last, am 05.04.2007 gegen 10:10 Uhr mit einem PKW auf der Bundesautobahn A 61 in H gefahren zu sein, obwohl er, wie er habe wissen können und müssen, nicht die erforderliche Fahrerlaubnis gehabt habe. Die von ihm vorgelegte tschechische Fahrerlaubnis sei innerhalb der Sperrfrist erteilt worden.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17.01.2008 vom Vorwurf des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG aus rechtlichen Gründen freigesprochen, weil der Angeklagte mit Blick auf die Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vom 29.07.1991 über den Führerschein (ABl. L 237 vom 24.08.1991, 1) in der Fassung der Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20.11.2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, 344) entgegen der Bestimmung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FEV am Tattag auf Grund der ihm erteilten tschechischen Fahrerlaubnis berechtigt gewesen sei, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache vorläufigen Erfolg.
II.
Nach den Feststellungen wurde dem Angeklagten wegen des Verdachts, am 29.09.2005 in L mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,1 Promille ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen geführt zu haben, durch Beschluss des Amtsgerichts vom 02.11.2005 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen vorläufig entzogen und der von der Stadt M am 14.07.2000 ausgestellte Führerschein beschlagnahmt. Am 08.11.2005 legte der Angeklagte in Tschechien die Fahrerlaubnisprüfung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B erfolgreich ab, woraufhin ihm am 25.01.2006 die tschechische Fahrerlaubnis erteilt wurde. In dem gegen den Angeklagten wegen der Trunkenheitsfahrt am 29.09.2005 geführten Strafverfahren erging am 05.04.2006 ein rechtskräftiger Strafbefehl des Amtsgerichts , in welchem dem Angeklagten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen und der von der Stadt M am 14.07.2000 ausgestellte Führerschein eingezogen wurde. Gleichzeitig wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von weiteren vier Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Am 05.04.2007 nahm der Angeklagte als Fahrer eines PKWs am öffentlichen Straßenverkehr teil, ohne zuvor erneut eine deutsche Fahrerlaubnis erlangt zu haben.
III.
Der Freispruch vom Vorwurf des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil der Angeklagte nach Maßgabe der nationalen deutschen Rechtsvorschriften am Tattag nicht berechtigt war, ein Kraftfahrzeug im Inland zu führen, und das Europäische Gemeinschaftsrecht in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation keinen Anlass gibt, die Norm des § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FEV in der zur Tatzeit geltenden Fassung nicht anzuwenden.
1. Wegen vorsätzlichen oder fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG macht sich unter anderem strafbar, wer ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat. Der objektive Tatbestand dieser Strafnorm ist nach den vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen erfüllt, da der Angeklagte nach der Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafbefehl des Amtsgerichts vom 05.04.2006 zum Tatzeitpunkt keine deutsche Fahrerlaubnis innehatte und seine tschechische Fahrerlaubnis ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FEV nicht dazu berechtigte, in der Bundesrepublik Kraftfahrzeuge zu führen. Nach der Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FEV gilt die sich für Inhaber von gültigen EU-Führerscheinen mit Wohnsitz im Inland aus § 28 Abs. 1 Satz 1 FEV ergebende grundsätzliche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber von EU-Führerscheinen, denen - wie dem Angeklagten - die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder endgültig von einem Gericht entzogen worden ist. Die fehlende Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland folgt unmittelbar aus der Regelung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FEV, ohne dass es zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge einer konstitutiven Verwaltungsentscheidung bedarf (vgl. BayVGH DAR 2008, 662). Nach der Vorschrift des § 28 Abs. 5 Satz 1 FEV ist vielmehr in den Fällen des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FEV für die Zubilligung des Rechts, von einer EU-Fahrerlaubnis im Inland Geb...