Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Versicherers für Fehler eines Regulierungsbeauftragten bei der Feststellung des Schadens in der Wohngebäudeversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Schaltet der Versicherer in der Wohngebäudeversicherung einen Regulierungsbeauftragten ein, so wird dieser als "Helfer" des Versicherers tätig, und nicht etwa als Berater des Versicherungsnehmers oder als unabhängiger Sachverständiger. Der Versicherer haftet daher in der Regel nicht, wenn der Versicherungsnehmer im Vertrauen auf fehlerhafte Feststellungen des Regulierungsbeauftragten einen Schaden nur unzulänglich beheben lässt.
2. Ein Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer kann gem. §§ 280 Abs. 1, 278 BGB allerdings dann in Betracht kommen, wenn der Regulierungsbeauftragte seine Rolle als "Helfer" des Versicherers überschreitet, wenn er z.B. Maßnahmen zur Schadensbeseitigung aus der Sicht des Versicherungsnehmers mit verbindlicher Wirkung festlegt, oder wenn er gegenüber dem vom Versicherungsnehmer beauftragten Werkunternehmer fehlerhafte Anweisungen erteilt.
Normenkette
BGB §§ 278, 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 02.03.2011; Aktenzeichen 2 O 191/10 C) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Konstanz vom 2.3.2011 - 2 O 191/10 C - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten oder der Streithelferin abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses in V.. Das Dach des Anwesens wurde bei einem schweren Hagelunwetter am 26.6.2006 erheblich beschädigt. Die Reparatur des Daches wurde von der Streithelferin ausgeführt. Es wurden neue Dachrinnen angebracht, das Dach wurde vollständig neu gedeckt und die Dachpappe wurde erneuert. Die Rechnung der Streithelferin vom 30.11.2006 belief sich auf insgesamt 29.782,99 EUR. Die Rechnung wurde von der Beklagten vollständig bezahlt im Hinblick auf die Gebäudeversicherung, welche die Klägerin bei der Beklagten unterhält.
Die Klägerin hat Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht, weil das Dach nach dem Hagelschaden nur unzulänglich repariert worden sei. Durch den schweren Hagelschlag seien nicht nur die Dachplatten teilweise zerschlagen worden. Vielmehr sei auch die Dachpappe und die darunter befindliche Holzkonstruktion teilweise beschädigt worden. Daher sei nach dem Hagelschlag in erheblichem Umfang Wasser und Feuchtigkeit in die Dachkonstruktion gelangt. Es wäre zwingend erforderlich gewesen, über die von der Streithelferin durchgeführte Reparatur hinaus auch die in der Dachkonstruktion befindliche Dämmung vollständig zu erneuern und zumindest teilweise auch die Holzkonstruktion. Da dies nicht erfolgt sei, seien in den folgenden Jahren im Dachgeschoss des Hauses erhebliche Schäden durch Schimmel entstanden. Für eine korrekte Reparatur der Dachkonstruktion und eine Beseitigung der Schimmelschäden müsse die Klägerin entsprechend dem Angebot der Firma ... vom 20.3.2009 mindestens 46.700 EUR aufwenden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die ihr entstehenden Unkosten sei die Beklagte verantwortlich. Sie hat daher erstinstanzlich einen Vorschuss von 46.700 EUR nebst Zinsen von der Beklagten verlangt und im Übrigen die Feststellung, dass die Beklagte sämtliche Schäden zu ersetzen habe, die mit der erforderlichen Mängelbeseitigung verbunden seien. Die von der Streithelferin durchzuführenden Arbeiten nach dem Hagelschlag seien nicht von der Klägerin, sondern von dem für die Beklagte tätigen Zeugen G. festgelegt worden. Dieser habe den Inhalt des an die Streithelferin erteilten Auftrags verbindlich festgelegt, habe der Streithelferin entsprechende Anweisungen erteilt, und die Bauleitung vor Ort inne gehabt. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf die Dachreparatur gehabt. Der Zeuge G. habe es versäumt, dafür zu sorgen, dass auch die durchfeuchtete Dämmung und das Holzwerk nach dem Hagelschlag erneuert wurden. Ohne die Versäumnisse des für die Beklagte tätigen Zeugen G. wären die geltend gemachten Schäden nicht entstanden.
Die Klägerin hat der Streithelferin bereits im Verfahren vor dem LG den Streit verkündet. Diese ist auf Seiten der Beklagten dem Rechtstreit beigetreten.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 2.3.2011 abgewiesen. Zum einen bestehe zwischen den Parteien kein Werkvertrag, aus welchem die Klägerin gegebenenfalls Ansprüche geltend machen könnte. Eine werkvertragliche Beziehung bestehe nur zwischen der Klägerin und der Streithelferin. Zum anderen ergebe sich aus den im vorausgegangenen Beweissicherungsverfahren (LG Konstanz 2 OH 11/09 C) eingeholten Gutachten...