Leitsatz (amtlich)

1. Die Nachhaftung eines Architekten, der aus einer Architektengemeinschaft ausgeschieden ist, für einen nach seinem Ausscheiden begangenen haftungsbegründenden Verstoß eines in der Gemeinschaft verbliebenen Architekten, ist in der von der Architektengemeinschaft fortgesetzten Berufshaftpflichtversicherung mitversichert.

2. Werden in einem solchen Fall der ausgeschiedene Architekt und die übrigen Mitglieder der Architektengemeinschaft gemeinsam als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, wirkt die von dem Haftpflichtversicherer einem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht auch für und gegen das ausgeschiedene Mitglied.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 29.01.2009; Aktenzeichen 2 O 75/08)

 

Tenor

I. Der Antrag des Beklagten Ziff. 1 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung des Beklagten Ziff. 1 gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 29.1.2009 - 2 O 75/08, wird als unzulässig verworfen.

III. Der Beklagte Ziff. 1 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte Ziff. 1 kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Architekt, nimmt die Beklagten, die ein Bauingenieurbüro in der Rechtsform einer GbR (nachfolgend: Ing.-Gemeinschaft) betreiben, im Wege der Feststellungsklage auf Freistellung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen in Anspruch, die der Freistaat Sachsen aufgrund eines Vertrages über Architektenleistungen gegen den Kläger geltend macht.

Im Juni 1997 wurde der Kläger vom Freistaat Sachsen mit Architektenleistungen für das Bauvorhaben "Universität Leipzig, Fakultät Veterinärmedizin, Neubau Semmelweißstraße" beauftragt. Zu den übertragenen Architektenleistungen gehörten auch die Leistungen der Objektüberwachung bei den Bodenbelagsarbeiten. Mit Vertrag vom 20./21.1.1999 (Anlage K 5) übertrug der Kläger diese Leistungen der Ing.-Gemeinschaft. Die Bodenbelagsarbeiten wurden im Auftrag des Freistaates Sachsen von der Firma B GmbH durchgeführt. Bei der Ausführung der Bodenbelagsarbeiten durch die Firma B GmbH kam es zu verschiedenen Mängeln. Mit Schreiben vom 23.10.2007 (Anlage K 4) nahm der Freistaat Sachsen deswegen den Kläger auf der Grundlage eines in einem Rechtsstreit zwischen dem Freistaat Sachsen und der B GmbH ergangenen Teilurteils des LG Leipzig (Anlage K 2) und eines in dem Berufungsverfahren gegen dieses Teilurteil vor dem OLG Dresden abgeschlossenen Vergleichs zwischen dem Freistaat Sachsen und der B GmbH (Anlage K 3) auf Zahlung von 525.318,90 EUR als Gesamtschuldner neben der B GmbH in Anspruch.

Die Beklagten rechneten ihre Leistungen aus dem Vertrag vom 20./21.1.1999 ggü. dem Kläger mit Schlussrechnung vom 13.12.2004 ab. Ende Dezember 2004 erbrachte der Kläger auf diese Schlussrechnung eine Teilzahlung.

Der Beklagte Ziff. 1 schied aufgrund einer Auseinandersetzungsvereinbarung vom 17.6.2000 zum 30.6.2000 aus der Ing.-Gemeinschaft aus.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei ggü. dem Freistaat Sachsen nicht einstandspflichtig, da der vor dem OLG Dresden abgeschlossene Vergleich Gesamtwirkung entfalte, so dass der Kläger seinerseits nicht mehr vom Freistaat Sachsen in Anspruch genommen werden könne. Er sehe sich deshalb gegenwärtig auch gehindert, gegen die Beklagten im Wege der Leistungsklage vorzugehen. Das Anspruchsschreiben des Freistaates Sachsen vom 23.10.2007 (Anlage K 4) belege jedoch, dass eine Inanspruchnahme durch den Freistaat Sachsen noch nicht mit der nötigen Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Der Kläger sei deshalb zur Hemmung der Verjährung seiner Rückgriffsansprüche gegen die Beklagten zur Erhebung einer Feststellungsklage berechtigt.

Der Freistaat Sachsen stehe auf dem Standpunkt, dass alle im Anspruchsschreiben vom 23.10.2007 (Anlage K 4) geltend gemachten Schäden auf ungenügender Objektüberwachung beruhten, für die der Kläger gem. § 278 BGB einzustehen habe. Die Vielzahl der Mängel und der erhebliche Mängelbeseitigungsaufwand belegten den Ursachenzusammenhang zwischen mangelhafter Bauüberwachung durch die Beklagten und den hierdurch verursachten Schäden. Hätten die Beklagten vertragskonform gehandelt, wären die Arbeiten der B GmbH wesentlich früher unterbunden worden und der Schaden wäre nicht aufgetreten. Die Arbeiten der B GmbH hätten überwacht werden müssen, da es sich hierbei nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten gehandelt habe.

Der Vertrag vom 20./21.1.1999 sei nicht mit der Ing.-Gemeinschaft, sondern mit den Beklagten Ziff. 1 bis 4 persönlich abgeschlossen worden. Aber auch für den Fall, dass der Vertrag mit der Ing.-Gemeinschaft zustande gekommen wäre, könne der Beklagte Ziff. 1 sich nicht gem. § 160 Abs. 1 HGB analog auf eine eingetretene Freizeichnung berufen. Die maßgeblich...

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