Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 29.05.2015; Aktenzeichen 12 O 68/11 KfH) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 29.05.2015, Az. 12 O 68/11 KfH, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen des nach ihrer Auffassung unzulässigen Vertriebs eines ACC-Produkts als Nahrungsergänzungsmittel auf Unterlassung in Anspruch.
Die Klägerin vertreibt über ihre Internetseite www ... de unter anderem Kosmetika, Pflegeartikel, Nahrungsergänzungen und bilanzierte Diäten für Senioren. Der Beklagte ist Inhaber der ...-Apotheke in H. und vertreibt über die Internetseite www ... de Arzneimittel, diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungen. Er verkaufte am 11.09.2010 an einen Testkäufer der Klägerin das Produkt "Acetylcystein GHP Pulver 100g" (Anlage K 1; im Folgenden auch: das angegriffene Produkt). Das als "Nahrungsergänzunqsrnittel mit N-Acetyl-L-Cystein" deklarierte Produkt besitzt keine Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG. Acetylcystein (...) wird u.a. als Wirkstoff in hustenlösenden Medikamenten eingesetzt; eine häufig empfohlene Einzeldosis besteht aus 200 mg ACC.
Die Klägerin hält Angebot und Vertrieb des Produkts für unzulässig. Auf ihren Antrag untersagte das LG mit Beschlussverfügung vom 27.09.2010 (Az. 11 O 72/10 KfH) dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel, das Produkt "Acetylcystein GPH Pulver 100g" anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu bewerben, zu veräußern und/oder anbieten, in den Verkehr bringen, bewerben und/oder veräußern zu lassen, soweit dieses als Nahrungsergänzungsmittel deklariert ist.
Auf den Widerspruch des Beklagten hielt das LG mit Urteil vom 30.03.2011 (Az. 12 O 68/10 KfH) diese Unterlassungsverfügung aufrecht. Dem Rechtsstreit waren auf Beklagtenseite die beiden Streithelferinnen des vorliegenden Verfahrens beigetreten; die Streithelferin zu 2 ist die Herstellerin des angegriffenen Produkts. Mit Urteil vom 22.06.2011 (Az. 6 U 49/11) wies der Senat die von der Streithelferin zu 2 eingelegte Berufung zurück.
Nachdem das LG Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gesetzt hatte, erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.09.2011 im vorliegenden Verfahren Klage. Sie ist der Auffassung, der Vertrieb des angegriffenen Produkts verstoße gegen § 21 AMG. Es handele sich um ein Fertigarzneimittel, das mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung nicht vertrieben werden dürfe. ACC sei ein Arzneistoff, der zur Schleimlösung bei Atemwegserkrankungen diene. Die empfohlene Einzeldosis von 500 mg gehe deutlich über das hinaus, was physiologisch durch eine Nahrungsaufnahme im menschlichen Organismus ausgelöst werde; es erfolge eine über die Zuführung von Nährstoffen hinausgehende Manipulation des Stoffwechsels. Deshalb handele es sich um ein Funktionsarzneimittel. Zudem stelle sich das Produkt für den Verbraucher, dem die Verwendung von ACC in Medikamenten geläufig sei, als Arzneimittel dar.
Die Klägerin hat beantragt:
Der Beklagte hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, das Produkt "Acetylcystein GPH Pulver 100g" anzubieten, in den Verkehr zu bringen, bewerben und/oder veräußern zu lassen, soweit dieses als Nahrungsergänzungsmittel deklariert ist.
Der Beklagte und die Streithelferinnen haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben geltend gernacht, die Klage sei rnangels Bestirnrntheit und wegen rechtsrnissbräuchlichen Verhaltens unzulässig. Es fehle an einern Wettbewerbsverhältnis. Das angegriffene Produkt, das als Nahrungsergänzungsrnittel in den Verkehr gebracht werde, stelle kein Arzneirnittel dar. Der Nachweis einer pharrnakologischen Wirksarnkeit von ACC könne nicht geführt werden. Zudern folge aus den Regelungen der DiätVO, dass diätetische Lebensrnittel keine Arzneirnittel seien.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat sein Gutachten schriftlich ergänzt und in der rnündlichen Verhandlung vorn 25.03.2015 erläutert. Auf das Gutachten, das ergänzende Gutachten und auf das Protokoll vorn 25.03.2015 wird Bezug genornrnen.
Mit dern angefochtenen Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten ebenfalls Bezug genornrnen wird, hat das LG die Klage, wie vorn Beklagten beantragt, abgewiesen. Der Klageantrag sei hinreichend bestirnrnt; der Beitritt der Streithelferinnen sei zulässig.
Die Klage sei aber unbegründet; Ansprüche der Klägerin gernäß §§ ...