Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bank muss bei der Verwertung einer Sicherungsgrundschuld die berechtigten Belange des Sicherungsgebers berücksichtigen, soweit nicht ihre eigenen Sicherungsinteressen entgegen stehen.

2. Eine Verpflichtung zur Berücksichtigung einer günstigen Veräußerungsmöglichkeit besteht nur, wenn diese der Bank zum Zeitpunkt der beabsichtigten Verwertung konkret nachgewiesen wird.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 1191

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen 3 O 117/08)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.10.2008 - 3 O 117/08 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 152.940,61 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rückzahlung zweier Darlehen und zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderungen.

Am 16.12.1994 und am 27.3.1998 schloss der Beklagte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Bezirkssparkasse W. (im Folgenden einheitlich: die Klägerin), zwei Darlehensverträge zu Nennbeträgen von 300.000 DM sowie 75.000 DM, die valutiert wurden. Beide Darlehen waren durch auf dem Grundstück K./E. zugunsten der Klägerin eingetragene bzw. abgetretene Grundschulden über insgesamt 2.900.000 DM gesichert. Der Beklagte war als Mitgesellschafter einer Eigentümer-GbR, an der neben ihm die Gesellschafter W. U., H.-P. Sch., W. H. und H. J. W. beteiligt waren, Grundstücksmiteigentümer. Die Grundschulden sicherten nach Vereinbarung der Parteien vorrangig i.H.v. 1.700.000 DM die Verbindlichkeiten des Weiteren Miteigentümers M. K., der das auf dem Grundstück befindliche Hotelrestaurant als Pächter betrieb, und nachrangig i.H.v. 1.200.000 DM die Verbindlichkeiten der Gesellschafter der GbR. Die Klägerin betrieb wegen offener Forderungen gegen ihren Schuldner K. die Zwangsvollstreckung aus der genannten Grundschuld in dessen Miteigentumsanteile. Am 22.12.2000 wurde zunächst die Zwangsverwaltung angeordnet. Nachdem die Klägerin im weiteren Verlauf auch die Zwangsversteigerung betrieb, kam es zwischen den Gesellschaftern der GbR und der Klägerin zu Verhandlungen über einen möglichen Erwerb der Anteile des Miteigentümers K. (Anlagenkonvolut B 4). Mit Schreiben vom 30.1.2003 lehnte die Klägerin ein von der GbR angekündigtes Gebot i.H.v. 750.000 DM (383.469 EUR) ab. Nachdem in den ersten beiden Zwangsversteigerungsterminen am 15.2.2005 und 20.5.2005 erfolglos eine Gesamtversteigerung beider Grundstücke betrieben worden war, ordnete das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 21.7.2005 (Anlage K 9) eine erneute Verkehrswertermittlung für den bis dahin mit insgesamt 2.500.000 DM bewerteten Grundbesitz an. Mit Beschluss vom 26.6.2006 wurde der Verkehrswert auf 400.000 EUR für das Grundstück K. und 240.000 EUR für das Grundstück E. festgesetzt (Anlage K 10). Im dritten Versteigerungstermin vom 7.11.2006 kam es im Wege der Einzelversteigerung der beiden Grundstücke sodann zu Bargeboten von 130.000 EUR für K. und i.H.v. 75.000 EUR für E., die den Zuschlag erhielten.

Als der Beklagte die Zahlungen auf seine beiden Darlehen im Februar 2007 einstellte, kündigte die Klägerin nach fruchtloser Mahnung die Darlehen mit Schreiben vom 10.1.2008 fristlos. Der unstreitige Kündigungssaldo betrug insgesamt 152.940,61 EUR (147.891,59 EUR zzgl. Vorfälligkeitsentschädigung und Verzugszinsen).

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei nicht dazu verpflichtet gewesen, die Erlöse aus der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung auf die Darlehen des Beklagten zu verrechnen. Darüber hinaus habe sie bei der Zwangsversteigerung nicht die Interessen der Eigentümer-GbR verletzt, da ihr bei den Versteigerungsterminen kein aktuelles Übernahmeangebot für die Anteile des Miteigentümers K. vorgelegen habe. Den vom Beklagten insoweit zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch hat die Klägerin auch der Höhe nach bestritten.

Der Beklagte hat behauptet, es sei stillschweigend vereinbart gewesen, die Einnahmen der Klägerin aus der Zwangsverwaltung und -vollstreckung auf die Darlehen der Gesellschafter der GbR anzurechnen. Die Klägerin habe außerdem ihre ihm und den Mitgesellschaftern ggü. bestehenden Rücksichtnahmepflichten verletzt, indem sie vor Erteilung des Zuschlags nicht auf das von den Gesellschaftern auf 800.000 DM (409.000 EUR) erhöhte Angebot zur Übernahme der Miteigentumsanteile des K. zurückgekommen sei. Die Klägerin habe gewusst, dass dieses Angebot noch bestanden habe (Zeugnis U.). Es habe ein habhaftes Pachtangebot für die Gaststätte i.H.v. 5.000 EUR pro Monat vorgelegen. Bei voraussichtlichen und realistischen Hotelerträgen von jährlich 210.240 EUR unter Zugrundelegun...

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