Leitsatz (amtlich)
1. Vom Haftungsausschluss nach § 6 Abs. 3a) FEVB 2001 sind nur solche Schadensfälle betroffen, in denen sich das Schadensereignis bei natürlicher Betrachtung weit weniger als eigentlicher Elementarschaden darstellt, sondern überwiegend als die Verwirklichung eines im Gebäude selbst angelegten erheblichen Risikos, wobei der Elementargewalt eher die Funktion eines letzten Auslösers zukommt.
2. Zur Verteilung der Beweislast bei der Anwendung des § 6 Abs. 4b) FEVB 2001.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die beklagte Versicherung Ansprüche aus einer Feuer- und Elementarschadenversicherung aufgrund eines behaupteten Sturmschadens geltend.
Die Klägerin unterhält für ihr Wohnanwesen in Bi., A-Straße 7 bei der Beklagten eine Feuer- und Elementarschadenversicherung. In den Versicherungsvertrag sind die Allgemeinen Bedingungen der SV Sparkassenversicherung Gebäudeversicherung AG über die Feuer- und Elementarschadenversicherung (FEVB 2001) einbezogen.
Am 16.12.2011 ging ein Wind der Stärke 10 über Bi. mit einer Windgeschwindigkeit bis maximal 90 km/h. Danach war im Treppenhaus und im Schlafzimmer des Anwesens der Klägerin Feuchtigkeit eingedrungen, was die Klägerin der Beklagten noch am 16.12.2011 anzeigte.
Die Klägerin behauptet, durch den Sturm seien Dachziegel angehoben worden. Hierdurch sei Regen eingedrungen und habe den Schaden verursacht. Die Behebung des Schadens verursache Kosten i.H.v. brutto 19.225,16 EUR.
Die Beklagte hat behauptet, es liege ein Einregenschaden vor. Die geltend gemachten Schadensbeseitigungskosten seien überhöht.
Mit Urteil vom 27.2.2014 hat das LG die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Deckungsschutz abzgl. einer Selbstbeteiligung von 200 EUR festgestellt. Die Klägerin habe nachgewiesen, dass der streitgegenständliche Schaden versichert sei. Eine Haftungsbeschränkung gem. § 6 FEVB 2001, für welche die Beklagte die Beweislast trage, liege nicht vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht festgestellt werden, dass es sich um einen Einregenschaden i.S.v. § 6 Abs. 4b FEVB 2001 handele. Hinsichtlich einer Anhebung der Eternitplatten durch den streitgegenständlichen Sturm habe der Sachverständige keine eindeutigen Feststellungen treffen können; hiernach könne die Lockerung aufgrund des Sturms, aber auch aufgrund anderer Ursachen erfolgt sein. Das LG sei nicht davon überzeugt, dass der Schaden nur durch reines Eindringen von Regenwasser entstanden sei; vielmehr sei die Annahme naheliegend, dass der Sturm einen Teil der Dachabdeckung angehoben habe und hierdurch Wasser eingedrungen sei.
Auch ein Haftungsausschluss gem. § 6 Abs. 3a FEVB 2001 greife nicht ein, weil nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens keine erheblichen Mängel des Daches vorlägen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Begehren um vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Bei der Feststellung, dass ein einstandspflichtiges Schadensereignis vorliege, habe das LG die Beweislast der Klägerin verkannt. Diese habe den Kausalzusammenhang zwischen Sturmschadensereignis und dem geltend gemachten Feuchtigkeitsschaden nicht bewiesen. Das LG habe verkannt, dass die Beklagte einen Zusammenhang zwischen der Sturmtätigkeit und dem Eindringen von Feuchtigkeit bestritten habe und die Klägerin die Beweislast für eine direkte Beschädigung der versicherten Sache durch ein Elementarschadensereignis (§ 3 Abs. 1b FEVB 2001) trage; § 3 Abs. 3a FEVB 2001 enthalte nur eine Beweiserleichterung bei der Feststellung des versicherten Ereignisses "Sturm".
Der Sachverständige habe festgestellt, dass das Dach nicht die erforderliche Regensicherheit aufgewiesen habe. Die Beklagte sei deshalb gem. § 6 Abs. 3 FEVB 2001 nicht einstandspflichtig. Der Sachverständige habe überdies festgestellt, dass das Herausragen von Nägeln aus der Dachverkleidung andere Ursachen als die Einwirkung des Sturmes haben könne. Insbesondere seien die Nägel nicht nur auf der vermeintlich vom Sturmschaden betroffenen straßenseitigen Dachseite gelockert gewesen, sondern auch auf der anderen Dachseite (Gartenseite). Wenn aber die Klaffungen zwischen den gelockerten Nägeln und der Dacheindeckung bereits vor dem Sturm vorhanden gewesen seien, seien die Öffnungen, durch die Wasser habe eindringen können, gerade nicht durch das versicherte Ereignis verursacht worden (§ 6 Abs. 4b FEVB 2001).
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das Erstgericht sei zutreffend aufgrund der Angaben des Zeugen L. von einer Schadensverursachung durch den Sturm ausgegangen. § 6 Abs. 3a FEVB 2001 führe nicht zu einem Leistungsausschluss, da das Gebäude zum Zeitpunkt der Errichtung den technischen Regeln entsprochen habe. Der Sachverständige habe gerade nicht festgestellt, dass das Herausragen der Nägel eine andere Ursache als den streitgegenständlichen Sturm gehabt habe. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Gartenseite des Daches vom Sturm nicht betroffen gewesen sein. Ein Sturm der vorliegenden Stärke wirke vielmehr auf alle Sei...