Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 12 O 70/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten Ziffer 3 gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.10.2016, Az. 12 O 70/14, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte Ziffer 3 hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte Ziffer 3 kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
Die Klägerin, eine Herstellerin u. a. von PVC-Produkten, und die ursprünglich allein Beklagten Ziffern 1 und 2, beide Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz in W. und Händlerinnen von PVC-Produkten, verband eine Lieferbeziehung auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages (im Einzelnen Anlage K 1). Der Beklagte Ziffer 3 ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten Ziffern 1 und 2 und Schweizer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz.
Die am 19.07.2014 zugestellte Klage richtete sich zunächst nur gegen die Beklagten Ziffern 1 und 2 wegen Forderungen aus der bestehenden Kooperations- und Lieferbeziehung. Nachdem die Beklagten Ziffern 1 und 2 die Hauptforderung aus Klagantrag Ziffer 1 (ohne Zinsen) nach Rechtshängigkeit beglichen hatten, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 21.10.2014 insoweit für erledigt. Der Rechtsstreit ruhte sodann faktisch auf Bitte der Klägerin. Mit Schreiben vom 23.01.2015 (Anlage K 18) - für das er das Briefpapier und die Geschäftsadresse der Beklagten Ziffer 1 in W. verwendete - unterzeichnete der Beklagte Ziffer 3 als Geschäftsführer der Beklagten Ziffer 1 außergerichtlich zunächst eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über 750.000,- EUR für alle zum 31.01.2015 gegen die Beklagte Ziffer 1 bestehenden fälligen und überfälligen Forderungen und erstreckte mit nicht datierter Ergänzung (Anlage K 19) auf Bitte der Klägerin die Bürgschaftserklärung auch auf zukünftige Forderungen aus dieser Geschäftsbeziehung ohne Höchstbetragsbeschränkung. Mit Schriftsatz vom 15.05.2015 erweiterte die Klägerin die Klage wegen weiterer aufgelaufener Forderungen aus der Kooperations- und Lieferbeziehung und nahm nunmehr auch den Beklagten Ziffer 3 als Bürgen wegen der gegen die Beklagte Ziffer 1 gerichteten Hauptforderungen in Anspruch. Die Klage wurde dem Beklagten Ziffer 3 unter der Geschäftsanschrift der Beklagten Ziffer 1 und 2 am 09.06.2015 zugestellt. Am 24.11.2015 meldeten die Beklagten Ziffer 1 und 2 Insolvenz an. Die Klägerin bat um Fortführung des anhängigen Rechtsstreits gegen den Beklagten Ziffer 3 als Bürgen.
Der Beklagte Ziffer 3 ist der Ansicht, dass das angerufene Gericht für die gegen ihn gerichtete Klage international nicht zuständig sei.
Mit Zwischenurteil vom 17.10.2016 hat das Landgericht die Zulässigkeit der Klage angenommen und seine internationale Zuständigkeit auf Art. 6 Abs. 1 Luganer Übereinkommen 2007 (im Folgenden LugÜ II) gestützt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten Ziffer 3. Er wendet ein, bei Art. 6 Abs. 1 LugÜ II handele es sich um eine eng auszulegende Sondervorschrift, die in Abweichung vom Grundsatz des Wohnortgerichts nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ II nur unter strengen Voraussetzungen anwendbar sei. Diese seien hier nicht erfüllt. Insbesondere fehle es an der tatbestandlich vorausgesetzten Konnexität der Klagen, zu welcher die Klägerin nur unsubstantiiert vorgetragen habe. Allein aus der Tatsache, dass zum Einen der Hauptschuldner in Anspruch genommen werde und zum Anderen der Bürge, könne die geforderte Konnexität nicht hergeleitet werden, auch wenn dies von der herrschenden Literaturmeinung ohne nähere Begründung vertreten werde. Denn Voraussetzung für die Anwendung des Art. 6 Abs. 1 LugÜ sei auch, dass es zu widerstreitenden Entscheidungen bei derselben Sach- und Rechtslage kommen könne. Daran fehle es hier aber, insbesondere auch deshalb, weil auf die Bürgschaftserklärung des Beklagten Ziffer 3 Schweizer Obligationenrecht und nicht deutsches Bürgschaftsrecht anzuwenden sei. Zwar sei für die Anwendung des Art. 6 Abs. 1 LugÜ II gerade nicht Voraussetzung, dass alle Klagen auf denselben Rechtsgrundlagen beruhten. Allerdings hätte es für den Beklagten Ziffer 3 nach der Rechtsprechung des EuGH vorhersehbar sein müssen, dass er vor dem Wohnsitzgericht eines Mitbeklagten in Anspruch genommen würde; damit habe der Beklagte Ziffer 3 aber gerade nicht rechnen können, ebenso wenig wie die Beklagten Ziffern 1 und 2 damit hätten rechnen müssen, vor dem Wohnsitzgericht des Beklagten Ziffer 3 in der Schweiz verklagt werden zu können.
Für den Fall der Zurückweisung der Berufung begehrt der Beklagte Ziffer 3 die Zulassung der Revision, ...