Normenkette
StVO § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7, § 49 Abs. 3 Nr. 2; BKatV § 1 Abs. 1-2; BKat Nr. 132.3; StVG § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Trier (Entscheidung vom 21.01.2022) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 21. Januar 2022 wird auf ihre Kosten (§ 46 Abs. 1 OWiG iVm. § 473 Abs. 1 S. 1 StPO) mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
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Ziffer 1 des Tenors hinsichtlich der ausgelassen Schuldform ergänzend berichtigt wird und hiernach wie folgt lautet:
Die Betroffene wird wegen fahrlässigen Nichtbeachtens des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage an einer Kreuzung bei schon länger als eine Sekunde andauernder Rotphase des Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 800,- Euro verurteilt.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 22. Februar 2021 setzte die Zentrale Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums ...[Z] gegen die Betroffene wegen des Vorwurfs der "Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage, wobei die Rotphase bereits länger als eine Sekunde andauerte", eine Geldbuße in Höhe von 200 Euro fest und verhängte ein Fahrverbot von einem Monat. Der Bußgeldbescheid wurde der Betroffenen am 26. Februar 2021 zugestellt. Mit am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz legte der Verteidiger der Betroffenen Einspruch beim Polizeipräsidium ...[Z] ein.
Am 21. Januar 2022 verurteilte das Amtsgericht Trier die Betroffene in ihrer Anwesenheit wegen "Nichtbeachtung eines Wechsellichtzeichens - Rotlicht länger als 1 Sekunde -" zu einer Geldbuße von 800 Euro, wobei es von der Anordnung eines Fahrverbotes absah.
Gegen dieses der Betroffenen am 26. Februar 2022 zugestellte Urteil wendet sie sich mit ihrer am 28. Januar 2022 beim Amtsgericht Trier eingegangenen Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde wurde mit am 28. März 2022 beim Amtsgericht Trier eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers mit der Verletzung materiellen Rechts begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 13. April 2022 beantragt, auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Trier mit den zugrundeliegenden Feststellungen und im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Trier zu verweisen, wobei die objektiven Feststellungen zum Vorliegen eines (einfachen) Rotlichtverstoßes bestehen bleiben könnten.
Die Betroffene hat sich mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 3. Mai 2022 der Generalstaatsanwaltschaft weitgehend angeschlossen; fordert aber die vollständige Aufhebung des Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen.
Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Verteidigers in ihren Stellungnahmen vom 13. April (Bl. 98 ff. d.A.) und 3. Mai 2022 (Bl. 109 f. d.A.) Bezug genommen.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die Sachrüge auch in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt und begründet worden.
2. In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Die Überprüfung des Urteils hat auf die Sachrüge hin keine Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen aufgedeckt.
Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines fahrlässigen "einfachen" Rotlichtverstoßes als Rechtsabbiegerin an einer Kreuzung gemäß §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 1 Abs. 1, Abs. 2 BKatV, Abschnitt I lfd. Nr. 132.3 BKat i. V. m. § 24 Abs. 1 StVG in objektiver wie subjektiver Weise.
Ein (einfacher) Rotlichtverstoß gemäß Abschnitt I lfd. Nr. 132.3 BKat liegt vor, wenn ein Kfz-​Führer in anderen als den Fällen des Rechtsabbiegens mit Grünpfeil ein rotes Wechsellichtzeichen oder rotes Dauerlichtzeichen bei schon länger als eine Sekunde andauernder Rotphase nicht befolgt.
Nach Abschnitt I lfd. Nr. 132 ff. BKat ist ein qualifizierter Rotlichtverstoß hingegen anzunehmen, wenn bei einer schon länger als eine Sekunde andauernder Rotphase in den inneren geschützten Kreuzungsbereich gefahren wird, der Verkehr konkret gefährdet wird oder es zu einer Sachbeschädigung kommt.
Für einen (einfachen) innerörtlichen Rotlichtverstoß - wie hier das Überfahren einer roten Ampel an einer Kreuzung - bedarf es der getroffenen objektiven Feststellung, dass die Betroffene bei einer schon länger als eine Sekunde andauernden Rotphase das Wechsellichtzeichen nicht befolgt hat (entspr. KG, 3 Ws (B) 24/15 v. 17.02.2015, BeckRS 2015, 11543 Rn. 3). Entsprechende Feststellungen hat das Amtsgericht getroffen. Der vom Wechsellichtzeichen geschützte Bereich wurde jedenfalls beim festgestellten Rechtsabbiegen an der Kreuzung ...[X/Y] in ...[W] innerhalb der von der dortigen Lichtzeichenanlage angezeigten mindestens bereits über eine Sekunde andauernden Rotlichtphase verletzt.
Diese Feststellungen werden auch von einer ausreichenden Beweiswürdigung getragen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Daher muss das Rechtsbeschwerdegericht es grundsätzlich hinnehmen, wenn der Bußgeldrichter einen Betroffenen freisprich...