Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr bei bloßer Prozesserklärung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine die Einigungsgebühr auslösende Vereinbarung kann auch formlos durch schlüssiges Verhalten getroffen werden, weshalb auch bei Klagerücknahme und Zustimmung zu dieser eine Einigungsgebühr anfallen kann.
2. Nicht ausreichend sind jedoch rein prozessuale Gestaltungserklärungen, die eine Mitwirkung des Prozessgegners erfordern (hier: Zustimmung zur Klagerücknahme).
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000; ZPO § 269 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 30.06.2006; Aktenzeichen 4 O 232/05) |
Tenor
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 610,16 EUR) zu tragen.
Gründe
Der Rechtspfleger hat zu Recht den Betrag einer Einigungsgebühr (Nr. 1000 RVG-VV) abgesetzt, denn diese Gebühr ist nicht entstanden.
Nach Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 1000 RVG-VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Sie entsteht nicht, wenn der Vertrag sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.
An einen Vertrag im Sinne der Kostenvorschrift sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Eine solche Vereinbarung kann auch formlos durch schlüssiges Verhalten getroffen werden, so dass auch im Rahmen von Klagerücknahme und Zustimmung zu dieser grundsätzlich eine Einigungsgebühr anfallen kann.
Erforderlich ist aber eine Einigung, die zur Rücknahme geführt hat und ein Mindestmaß gegenseitigen Nachgebens enthält (vgl. Enders, JurBüro 2005, 410; Schneider, MDR 2004, 423).
Hieran fehlt es, da rein prozessual gestaltete Erklärungen abgegeben wurden, ohne dass eine vertragliche Grundlage vorlag.
Fälle, bei denen eine Einigungsgebühr anfällt sind etwa die, dass vereinbart wird, dass der Beklagte die Forderung bezahlt, die Kosten übernimmt und der Kläger im Gegenzug die Klage zurücknimmt (vgl. Enders, JurBüro 2005, 410).
Das Anfallen einer Einigungsgebühr ist auch erörtert (und letztlich verneint) worden, wenn der Beklagte seine Einwilligung zur Klagerücknahme nur unter der Bedingung des Klageverzichts durch den Kläger, den dieser auch erklärt hat, zustimmt (OLG Düsseldorf AGS 2005, 494).
Das LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 6.6.2006, 16 Ta 307/06, juris) hat das Entstehen einer Einigungsgebühr angenommen, wenn die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits sich auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einigen und der Arbeitnehmer darauf hin die Klage zurücknimmt (so schon JurBüro 2005, 644).
Diesen Fällen lag eine inhaltlich fassbare Übereinkunft der Prozessparteien zugrunde, die zur Klagerücknahme geführt hat. Das ist mit bloßen Prozesserklärungen nicht zu vergleichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1600829 |
JurBüro 2006, 638 |
MDR 2007, 244 |
AGS 2006, 539 |
RVGreport 2006, 426 |
OLGR-West 2007, 35 |