Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Pkw auf dem Förderband einer Waschstraße transportiert, ohne dass der Motor des Pkw gestartet ist, befindet sich der Pkw nicht im Betrieb, so dass eine Gefährdungshaftung nach § 7 StVG ausscheidet. In dieser Phase ist der Pkw von seiner eigentlichen Funktion als Fahrzeug vollständig losgelöst und mit jedem beliebigen Gegenstand vergleichbar, der in gleicher Weise automatisch weitertransportiert und bewegt wird.
2. Kommt es beim Transport von mehreren Pkw auf dem Förderband einer Waschstraße zu einem Hindurchziehen der Mitnehmrolle unter dem vorderen Pkw und betätigt daraufhin der "Fahrer" des nachfolgenden Pkw zur Vermeidung eines "Auffahrunfalls" die Bremse, wodurch es zu einer Beschädigung seines Fahrzeugs durch den Waschautomaten kommt, scheidet eine Verschuldenshaftung des vorderen "Fahrers" aus, wenn ausgeschlossen werden kann, dass dieser die Fußbremse oder auch die Parkbremse seines Fahrzeugs aktiviert hat und keine weiteren auf ein schuldhaftes Fehlverhalten hindeutenden Umstände vorgetragen werden.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 373/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.07.2019.
Gründe
Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Mit dem Landgericht ist der Senat der Überzeugung, dass die Beklagten für den bei dem Kläger eingetretenen Schaden weder aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung (§ 7 StVG), noch aus dem Gesichtspunkt der Verschuldenshaftung (§ 823 BGB) verantwortlich sind.
Der Schaden an dem Pkw des Klägers hat sich nicht beim Betrieb des Pkw der Beklagten zu 1. ereignet.
Zwar ist das Haftungsmerkmal "beim Betrieb" entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Die Gefährdungshaftung beruht auf dem Gedanken sozialer Verantwortung für eigene Wagnisse. Erforderlich ist es aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll. Die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um deren Willen die Rechtsnorm erlassen worden ist (BGH VI ZR 253/13, Urteil vom 21.01.2014 juris). Dies ist dann der Fall, wenn der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebsvorrichtung des Kfz steht (BGH VI ZR 168/04, Urteil vom 26.04.2005, juris). Dagegen scheidet eine Haftung aus § 7 StVG grundsätzlich dann aus, wenn bei dem "gegnerischen Pkw" die Fortbewegungs- und Transportfunktion keinerlei Rolle gespielt hat.
Der Schaden an dem Pkw des Klägers hat sich zu einem Zeitpunkt ereignet, als sich der Pkw der Beklagten zu 1. noch auf dem Förderband der Waschstraße befand, somit der Transportvorgang der Waschstraße noch nicht beendet war. Der Motor des Pkw des Beklagten zu 1. wurde auch erst nach dem Eintritt des Schadens gestartet. Bis zu diesem Zeitpunkt befand sich der Pkw nicht im Betrieb. Ein Kraftfahrzeug ist dann nicht im Betrieb im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG, wenn es ohne eigene Motorkraft durch eine automatische Waschanlage gezogen wird. Solange sich das Fahrzeug innerhalb des automatisierten Wasch- und Transportvorganges befindet, kommt weder die Fortbewegungsfunktion, noch die Transportfunktion des Fahrzeuges in irgend einer Weise zum Tragen. Das Fahrzeug ist vielmehr vollständig abhängig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße. Es ist insoweit vergleichbar mit jedem beliebigen Gegenstand der in gleicher Weise automatisch transportiert und bewegt wird. Die besonderen Gefahren des eigentlichen Betriebes des Kraftfahrzeuges (Geschwindigkeit, Ausmaße, Gewicht) entfalten hingegen in diesem Moment keine Relevanz (Zum gleichen Ergebnis kommend: KG Berlin in VersR 1977, 626; LG Paderborn 5 S 56/14, Urteil vom 26.11.2014, juris; AG Köln 272 C 33/12, Urteil vom 26.06.2012, juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage, § 7 StVG Rn. 8). Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.06.2019 zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.06.2019 (C-100/18, juris). Das nach dem Parken in Brand geratene Fahrzeug ist nach der Überzeugung des Senats mit dem in einer Waschstraße automatisch transportierten Fahrzeug nicht vergleichbar. Im Falle des in Brand geratenen geparkte...