Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Einigung über die "Kosten des Rechtsstreits"

 

Leitsatz (amtlich)

Während bei einem außergerichtlichen Vergleich hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein müssen, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Teil der ausdrücklich geregelten "Kosten des Rechtsstreits" behandeln wollen, ist dies bei einem gerichtlichen Vergleich regelmäßig anzunehmen, weil er zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden.

 

Normenkette

ZPO § 98

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 13.06.2016; Aktenzeichen 7 HK O 59/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Trier vom 13.6.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat die Einigungsgebühr zutreffend in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzt. Die von der Beklagten eingeforderte Anwendung von § 98 ZPO kommt nicht in Betracht, da diese Vorschrift nicht herangezogen werden kann, wenn die Parteien eine Vereinbarung über die Kosten getroffen haben. Hiervon ist grundsätzlich auszugehen, wenn die Parteien sich über die "Kosten des Rechtsstreits" geeinigt haben, da hierunter in der Regel auch die Kosten eines gerichtlichen Vergleichs fallen (vgl. nur BeckOK-ZPO/Jaspersen/Wache, Ed. 20, § 98 Rn. 4; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 13. Auflage 2016, § 98 Rn. 3 jew. m.w.N.). Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Kosten "des Rechtsstreits" nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassen (BGH, NJW 2011, 1680, 1681). Allerdings differenziert der Bundesgerichtshof bei der Bestimmung der Reichweite einer entsprechenden Kostenregelung zwischen außergerichtlichen und gerichtlichen Vergleichen. Während bei außergerichtlichen Vergleichen hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein müssen, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen, ist letzteres bei einem gerichtlichen Vergleich regelmäßig anzunehmen, weil er zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden (BGH, NJW 2009, 519, 520). Insofern konnte das LG ohne weiteres von einem solchen "Regelfall" und damit einer die Anwendung des § 98 ZPO ausschließenden Vereinbarung über die Kosten ausgehen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Festsetzungsinteresse der Klägerin hinsichtlich der streitigen Einigungsgebühr nach Maßgabe des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses (§ 3 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 9708635

NJW 2016, 3734

FamRZ 2017, 543

NJW-RR 2016, 1471

JurBüro 2016, 656

AGS 2016, 542

NJW-Spezial 2016, 732

FMP 2017, 43

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