Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des Rechtsmittelbeklagten bei alsbaldiger Berufungsrücknahme
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei alsbaldiger Rechtsmittelrücknahme verdient der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten die Verfahrensgebühr bereits dadurch, dass er die Berufungsschrift entgegennimmt, die Zulässigkeit des Rechtsmittels prüft und seinen Mandanten informiert. Dass der Anwalt ggü. dem Gericht in Erscheinung tritt, ist nicht erforderlich.
2. Der Einwand, es fehle an einem Prozessauftrag, ist unerheblich, wenn der in erster Instanz bevollmächtigte Anwalt im Berufungsverfahren tätig wird. Er ist in der Regel als beauftragt anzusehen, die Partei auch in zweiter Instanz zu vertreten.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3201; ZPO § 78 Abs. 1 S. 2, §§ 511, 516; BGB § 675
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 31.05.2007; Aktenzeichen 4 O 170/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerinnen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 31.5.2007 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 756,43 EUR.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Klägerinnen zur Last.
Gründe
Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Der angefochtene Beschluss ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Berufungsverfahren zu Lasten der beiden Beklagten eine anwaltliche 1,1 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3201 RVG-VV zzgl. einer 0,3 Erhöhung gem. Nr. 1008 RVG-VV sowie eine Pauschale nach Nr. 7002 RVG-VV erfallen sind. Daraus ergibt sich eine Belastung i.H.v. 709,40 EUR, die sich, da Anhaltspunkte für eine abweichende interne Vereinbarung fehlen, der Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend gleichmäßig auf die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) verteilt. Der den Beklagten zu 2) treffende Betrag ist, anders als dies mit Blickrichtung auf die Beklagte zu 1) gilt, im Anschluss an die gem. § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO abgegebenen Erklärungen um die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Mithin gelangt man am Ende zu dem von der Rechtspflegerin ermittelten Festsetzungsbetrag von insgesamt 756,43 EUR.
Die Auffassung der Klägerinnen, die Beklagtenanwälte hätten die festgesetzten Gebühren nicht verdient, weil die Berufung kurzfristig, nämlich die der Klägerin zu 2) binnen 3 Wochen und die der Klägerin zu 1) binnen 7 Wochen, zurückgenommen worden sei, ohne dass die Beklagtenanwälte im Rahmen des laufenden Berufungsverfahrens ggü. dem Gericht in Erscheinung getreten seien, trifft nicht zu.
Die streitigen Gebühren entstanden grundsätzlich bereits dadurch, dass die Anwälte, wie dies unwidersprochen geschehen ist, die Berufungsschrift entgegennahmen, die Zulässigkeit des Rechtsmittels prüften und die Beklagten dann davon unterrichteten (BGH NJW 2005, 2233; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., Nr. 3200 VV Rz. 21). Allerdings bedurfte es zusätzlich eines entsprechenden Prozessauftrags, dessen Erteilung die Klägerinnen in Abrede gestellt haben. Ein derartiger Auftrag erschließt sich jedoch aus den Umständen. Er wird vermutet, weil die Anwälte bereits erstinstanzlich mit der Prozessvertretung der Beklagten beauftragt waren (vgl. BGH NJW 2005, 2233, 2234) und das Berufungsverfahren eine erneute anwaltliche Vertretung gebot. Anders lägen die Dinge nur, wenn die Anwälte jetzt lediglich als Verkehrsanwälte agiert hätten, deren Einschaltung nicht i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig gewesen wäre (BGH NJW 1991, 2084, 2086).
Der Kostenausspruch beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1895963 |
FamRZ 2008, 1018 |
JurBüro 2008, 196 |
AGS 2008, 435 |
NJW-Spezial 2008, 667 |
OLGR-West 2008, 284 |
Rafa-Z 2009, 10 |