Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit mit nachfolgender Klageänderung auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich der vor Erledigung entstandenen Kosten; Verhältnis zwischen materiellem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Erfüllt der Beklagte die ursprüngliche Klageforderung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit und ändert der Kläger daraufhin die Klage, indem er die Feststellung erwirkt, dass der Beklagte die Prozesskosten als Verzugsschaden ersetzen muss, können im Verfahren nach §§ 104ff ZPO nicht die vor der Klageänderung entstanden Kosten festgesetzt werden.
Normenkette
ZPO §§ 92, 91a, 104, 106, 263; BGB § 286
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 6 O 256/00) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Trier vom 1.8.2001 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 2.425,60 DM) zu tragen.
Gründe
Nach Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit hat der Kläger seinen ursprünglichen Antrag geändert und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm die prozessualen Rechtsverfolgungskosten erstatten müsse. Insoweit hat der Kläger ein Anerkenntnisurteil erstritten, dessen Tenor (auszugsweise) wie folgt lautet:
„1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den infolge des ursprünglichen Klageantrages entstandenen in den bisher angefallenen Kosten des Rechtsstreits bestehenden Schaden zu ersetzen.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.”
Der Kläger hat daraufhin seine gesamten, auf 4.527,84 DM bezifferten Kosten zur Festsetzung gegen die Beklagte (§§ 103ff ZPO) angemeldet.
Der Rechtspfleger hat stattdessen in der nunmehr angefochtenen Entscheidung lediglich die nach Erledigung des ursprünglichen Klageantrages entstandenen Kosten gegen die Beklagte festgesetzt.
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.
Im Schriftsatz vom 28.6.2001 (Blatt 85/86 GA) hat der Kläger selbst zutreffend ausgeführt, Ziffer 1 des Urteilstenors beinhalte einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, während sich aus Ziffer 2. des Urteilstenors der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ergebe.
Obwohl dem Anerkenntnisurteil eine Begründung nicht beigefügt ist (§ 313b Abs. 1 ZPO), erscheint unzweifelhaft, dass dem Kläger ein materieller Schadensersatzanspruch aus § 286 Abs. 1 BGB zuerkannt wurde. Dieser hätte beziffert werden können, wegen der engen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) möglicherweise sogar beziffert werden müssen (vgl. DRiZ 1989, 289 ff. m.w.N.). Gegebenenfalls hätte der Kläger wegen seines Verzugsschadens (den bis zur Klageänderung entstandenen Rechtsverfolgungskosten) einen Zahlungstitel erlangt. Das verdeutlicht, dass der Einwand der Beschwerde nicht stichhaltig ist, die Auffassung des Rechtspflegers widerspreche „jeglicher Prozessökonomie”.
Sie ist dogmatisch deshalb zutreffend, weil Gegenstand des vereinfachten Verfahrens nach §§ 103ff ZPO nur prozessuale Kostenerstattungsansprüche sein können. Ansonsten würde die Prüfung der materiellrechtlichen Frage, welchen Umfang der Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 286 Abs. 1 ZPO hat, statt durch den Richter im Hauptsacheverfahren durch den Rechtspfleger in der vereinfachten Kostenfestsetzung erfolgen.
Die von der sofortigen Beschwerde an anderer Stelle vertretene Auffassung, das Urteil des LG enthalte zwei (prozessuale) Kostengrundentscheidungen hat keine tragfähige Grundlage. Die unter 1 des Urteilstenors titulierte Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten wandelt deren materielle Verpflichtung nicht deshalb in einen prozessualen Anspruch, weil Gegenstand der materiellen Verpflichtung aus § 286 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten ist.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Kaltenbach Stein Weller
Fundstellen
Haufe-Index 1111412 |
NJW-RR 2002, 719 |
JurBüro 2002, 253 |
MDR 2002, 357 |