Leitsatz (amtlich)
1.
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich) setzt voraus, dass die Täter die Tat als gemeinschaftliche wollen, also Mittäter sind. Allein die Feststellung gleichzeitiger Tatbegehung genügt nicht.
2.
Ob eine Körperverletzung objektiv mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen wurde, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, also unter Berücksichtigung der individuellen Schädlichkeit der Einwirkung gegen den Körper des Verletzten beurteilt werden. Die konkrete Misshandlung muss abstrakt geeignet sein, das Leben des Opfers zu gefährden.
3.
Erwiesen sich die Trinkmengenangaben des Angeklagten als unglaubhaft - etwa weil sich aus ihnen auch unter Berücksichtigung von Höchstabbauwerten und eines hohen Resorptionsdefizits eine in der Regel letale oder mit dem äußeren Erscheinungsbild unter keinen Umständen zu vereinbarende Blutalkoholkonzentration errechnet - , so muss der Tatrichter zunächst versuchen, durch andere Erkenntnisquellen (z.B. Aussagen der Begleiter) zuverlässige Angaben zu erhalten. Erst wenn eine zeitliche und/oder mengenmäßige Eingrenzung der Alkoholaufnahme unmöglich ist, kann von der Berechnung einer Blutalkoholkonzentration abgesehen werden. Die Frage einer alkoholbedingten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit ist dann allein anhand psychodiagnostischer Kriterien zu prüfen.
Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 11.06.2003) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 1. großen Jugendkammer des Landgerichts Trier vom 11. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine nach dem Geschäftverteilungsplan für Berufungen gegen Urteile des Amtsgerichts Trier zuständige allgemeine (kleine) Strafkammer des Landgerichts Trier zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Jugendschöffengericht bei dem Amtsgericht Trier hatte den zur Tatzeit 30 Jahre alten Angeklagten - zusammen mit dem jetzigen Zeugen J., einem Jugendlichen - am 10. September 2002 der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nrn. 4, 5 StGB für schuldig befunden und ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 3 Monaten verurteilt.
Auf seine Berufung hat die Jugendkammer - unter Verwerfung des weiter gehenden Rechtsmittels als unbegründet - die Freiheitsstrafe auf ein Jahr ermäßigt und zum Tatgeschehen folgende Feststellungen getroffen:
Am 8. Dezember 2001 gegen 19.00 Uhr hielt sich der Angeklagte mit der Zeugin Tina F. am Bahnhof in Trier auf, wo beide Dosenbier konsumierten. Hier trafen sie auch den ehemaligen Mitangeklagten J., der Trierweiler bis zu diesem Abend nicht kannte. Gegen 20.00 Uhr begaben der Angeklagte und F. sich in die nahe gelegene Gaststätte Bierakademie, J. ging in die nahe gelegene Gaststätte Zweite Heimat, in der sich auch der Vi. befand, der sich an diesem Abend mit Tina F. am Bahnhof treffen wollte. J. setzte sich an einen Tisch, an dem neben anderen Personen auch Vi. saß. Da Vi. J. nicht kannte, forderte er diesen auf, den Tisch zu verlassen mit der Begründung, dass ihn die Gespräche am Tisch nichts angingen, woraufhin J. sich zunächst an die Theke stellte und dann die Gaststätte verließ und in die Bierakademie zum Angeklagten und F. wechselte, wo diese Dart spielten und weiter Bier tranken.
Vi., der seinerseits mit F. für diesen Abend verabredet war, bemerkte nachdem Verlassen der Zweiten Heimat im Vorbeigehen, dass F. sich mit dem Angeklagten und J. in der Bierakademie aufhielt, woraufhin er die Bierakademie betrat und F. zur Rede stellte, weswegen es zu einem Wortgefecht zwischen F., dem Angeklagten, J. und Vi. kam. Nachdem sich der Streit beruhigt hatte, verließ Vi., der sich zunächst noch an einem anderen Tisch aufhielt, das Lokal, um dann in der Agritiusschänke weiter zu trinken.
Der Angeklagte, J. und F. suchten, nachdem sie ihrerseits die Bierakademie verlassen hatten, noch die Zweite Heimat und anschließend die Gaststätte Thiel auf, wo alle weiter Bier tranken.
Gegen 2.00 Uhr verließen sie die Gaststätte und gingen wieder in Richtung Bahnhof. Auf dem Weg dorthin trafen sie Vi. in der Moltkestraße an, der sich gerade eine Zigarette ansteckte. Daraufhin kam es erneut zu Streitigkeiten zwischen J. und Vi., in deren Verlauf J. zu Vi. hinlief und auf ihn einschlug, sodass Vi. zu Boden fiel. Nachdem J. von Vi. abließ, eilte der Angeklagte Trierweiler herbei und trat Vi. mehrfach wuchtig mit den beschuhten Füßen gegen Oberkörper- und Kopfbereich. Auf Grund der Misshandlungen des Angeklagten und J.s erlitt Vi. eine große tiefe Platzwunde quer über die Stirn bis zur Augenbraue verlaufend, einen Unterarmbruch sowie Prellungen im Oberkörperbereich. Zur Korrektur des Unterarmbruchs wurde ihm eine Platte implantiert, die demnächst wieder unter Vollnarkose entfernt werden soll.
Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass weder der Angeklagte noch die Zeugen Vi. und J. brauchbare Angaben zum Tatgeschehen machten.
Weiter heißt es:
Die Zeugin F. bekund...