Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Bevollmächtigten des Prozessgegners des Ablehnenden eine Beschwerdegebühr im Verfahren der Richterablehnung entsteht
Leitsatz (amtlich)
1. Im Beschwerdeverfahren der Richterablehnung entsteht die Gebühr nach Nr. 3500 VV - RVG beim Bevollmächtigten des Prozessgegners des Ablehnenden erst aufgrund einer Tätigkeit im Interesse des Mandanten, sei es, dass der Anwalt dessen ergänzende Informationen entgegen nimmt, oder dass er das Erfordernis einer Erwiderung auf das gegnerische Rechtsmittel prüft. Der Einreichung eines Schriftsatzes bedarf es nicht.
2. Nimmt der Anwalt allerdings nur die Beschwerdeschrift entgegen und leitet sie an die eigene Partei weiter, handelt es sich um eine mit dem Hauptsacheverfahren zusammenhängende Tätigkeit, die durch die dortige Verfahrensgebühr abgegolten ist.
Normenkette
RVG § 15 Abs. 1, § 17 Nr. 9, § 19 Abs. 1 Nr. 3, § 19 Nr. 9; RVG-Vv Nr. 3500; ZPO §§ 42, 46 Abs. 2; BGB §§ 611, 675
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 18.06.2012; Aktenzeichen 5 O 229/11) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) vom 5.7.2012 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 18.6.2012 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 26.2.1012 zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
3. Der Beschwerdewert wird auf 224,91 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Hauptsacheverfahren hat der Beklagte zu 1) persönlich den vom LG beauftragten Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das LG hat das Ablehnungsgesuch vom 19.1.2012 am 23.1.2012 als unzulässig verworfen und der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde vom 8.2.2012 mit Beschluss vom gleichen Tage nicht abgeholfen. Das OLG hat am 15.2.2012 die sofortige Beschwerde gleichfalls als unzulässig verworfen. Zugleich wurden dem Beklagten zu 1) im Beschwerdeverfahren die Kosten auferlegt. Die Klägerin hat keine Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgegeben.
Am 26.2.2012 hat die Klägerin beantragt, die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten i.H.v. 224,91 EUR gegen den Beklagten zu 1) festzusetzen. Der Beklagte zu 1) ist dem Kostenfestsetzungsgesuch mit dem Einwand entgegengetreten, dass nicht ersichtlich sei, dass der Vertreter der Klägerin im Beschwerdeverfahren eine Prozesshandlung vorgenommen habe.
Das LG hat die Kosten mit dem angefochtenen Beschluss vom 18.6.2012, zugestellt am 21.6.2012, wie beantragt festgesetzt. Die sofortige Beschwerde sei dem Bevollmächtigten der Klägerin mit der Nichtabhilfeentscheidung übersandt worden. Bei lebensnaher Betrachtung müsse unterstellt werden, dass er pflichtgemäß geprüft habe, ob Handlungsbedarf für die Klägerin besteht, was für das Auslösen der Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren genüge.
Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit seiner sofortigen Beschwerde vom 5.7.2012 mit der er die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses und die Zurückweisung des zugrunde liegenden Antrags begehrt. Eine konkrete Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin werde vom LG - unzulässig - lediglich vermutet, sei aber weder behauptet, noch nachgewiesen. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat hierauf erwidert, dass er bereits am 2.2.2012 zum Ablehnungsgesuch Stellung genommen habe. Die weiteren Schriftstücke seinen ihm zur Kenntnisnahme und Bearbeitung weitergeleitet worden. Mit Schriftsatz vom 22.2.2012 habe er darauf hingewiesen, dass das gesamte Vorbringen des Beklagten zu 1) neben der Sache liege. Das LG hat der sofortige Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Das LG hat dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin zu Unrecht entsprochen.
Die Gebühr nach Nr. 3500 RVG-VV setzt eine Tätigkeit im Interesse des Mandanten voraus. Sie kann in der Entgegennahme von Informationen des Mandanten liegen oder in der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs. Nicht erforderlich ist die Einreichung eines Schriftsatzes (OLG Koblenz v. 6.8.2007 - 14 W 578/07, AGS 2008, 435; Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auf. 2010, Nr. 3500 RVG-VV Rz. 9 und VV 3200 Rz. 20). Zusätzlich ist eine auf das Verfahren bezogene Beauftragung erforderlich, die im Hinblick auf Nebenverfahren allerdings in der allgemeinen Beauftragung zur Prozessführung gesehen werden kann (BGH NJW 2005, 2233; a.A. allerdings N. Schneider, MDR 2001, 130, 132). Beschränkt sich die Tätigkeit des Anwalts dagegen auf die Entgegennahme und Weiterleitung der Beschwerdeschrift an die Partei, wird dadurch eine Gebühr nicht ausgelöst (BGH NJW 2005, 2233; OLG Köln, JurBüro 1986, 1663; VGH Mannheim, JurBüro 1999, 362; KGReport Berlin 1995, 252; Mümmler, JurBüro 1991, 688;). Um einen Kostenansatz zu berücksichtigen, muss er nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht werden.
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin und ihres Bevollmächtigten nicht. Die Darstellung und die Glaubhaftmachung einer beauftragten anwaltlichen Tätigkeit muss...