Leitsatz (amtlich)
1. Erfolgt die Entscheidung von Ehegatten gegen gemeinsames Miteigentum an einer Immobilie aus haftungsrechtlichen Überlagerungen, wobei die Vorstellung zu Grunde liegt, dass die betreffende Immobilie auch bei formal-dinglicher Zuordnung zum Alleinvermögen eines Ehegatten wirtschaftlich beiden Ehegatten "gehören" soll, kann eine Ehegatteninnengesellschaft angenommen werden.
2. Zum Einfluss des Bestehens einer Ehegatteninnengesellschaft auf den Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB.
3. Beim Auszug des dinglich Alleinberechtigten entspricht eine am vollen Mietwert orientierte Vergütung regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB.
Normenkette
BGB § 1361b Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Saarburg (Beschluss vom 28.01.2022; Aktenzeichen 3b F 106/21) |
Tenor
Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarburg vom 28. Januar 2022 gerichtete Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarburg vom 28. Januar 2022 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Februar 2022 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für August 2021 einen Betrag in Höhe von [...] EUR sowie für die Zeit ab September 2021 jeweils im Voraus bis spätestens zum dritten Werktag eines jeden Monats - längstens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Scheidung der seitens der Beteiligten geschlossenen Ehe - eine monatlich laufende Entschädigung für die Nutzung der Immobilie [...] in Höhe von monatlich [...] EUR zu zahlen.
Der Antragsgegner wird darüber hinaus verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum Mai 2018 bis Juli 2021 eine rückständige Entschädigung für die Nutzung der Immobilie [...] in Höhe von insgesamt [...] EUR nebst Zinsen [...] zu zahlen.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Der Widerantrag wird abgewiesen.
Die weitergehende Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrenntlebende Eheleute. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen.
Die Antragstellerin ist alleinige Eigentümerin des mit einem freistehenden Einfamilienhaus bebauten Grundstücks [...]. Dieses wurde während der Zeit intakter Ehe als Familienheim genutzt. Die Trennung der Beteiligten erfolgte im Jahr 2015 durch Auszug der Antragstellerin aus dem vorbezeichneten Haus; der Antragsgegner verblieb in dem Anwesen und bewohnt dies bis heute. Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung einer Entschädigung für die alleinige Nutzung der Immobilie.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
1. den Antragsgegner zu verpflichten, ab August 2021 an sie für die Nutzung der Immobilie [...] eine monatlich laufende Nutzungsentschädigung in Höhe von [...] EUR im Voraus fällig, bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zu zahlen;
2. den Antragsgegner zu verpflichten, an sie eine rückständige Nutzungsentschädigung in Höhe von [...] EUR nebst Zinsen [...] zu zahlen;
3. den Antragsgegner zu verpflichten, ihr [...] EUR nebst Zinsen hieraus seit dem 07.04.2021 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
1. den Antrag abzuweisen;
2. die Antragstellerin zu verpflichten, mit ihm einen Mietvertrag unter Beachtung des § 1568a Abs. 5 BGB dergestalt abzuschließen, dass künftig der ortsübliche Mietzins gezahlt wird.
Das - sachverständig beratene - Familiengericht hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 28. Januar 2022 - berichtigt durch Beschluss vom 17. Februar 2022 - für August 2021 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von [...] EUR und ab September 2021 einen Betrag in Höhe von [...] EUR monatlich zugesprochen (Tenor Ziff. 1.). Darüber hinaus hat es rückständige Nutzungsentschädigungsansprüche für Mai 2018 bis Juli 2021 in Höhe von insgesamt [...] EUR (Tenor Ziff. 2.) Ansprüche auf Erstattung antragstellerseits verauslagter Betriebskosten in Höhe von [...] EUR (Tenor Ziff. 3.) sowie jeweils entsprechende Zinsansprüche tituliert. Den weitergehenden Antrag sowie den Widerantrag insgesamt hat das Familiengericht zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde sowie die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde. Beide Beteiligten streiten weiter um etwaige dem Antragsgegner gegenüber bestehende Nutzungsentschädigungsansprüche der Antragstellerin.
Der Antragsgegner beantragt,
1. den angefochtenen Beschluss zu Tenor 1, 2 und 3 aufzuheben;
2. die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die Beschwerde zurückzuweisen;
2. den Beschluss des Familiengerichtes Saarburg vom 28.01.2022, Aktenzeichen 3b F 106/21 dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner v...