Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenniederschlagung bei Beweiserhebung über Unstreitiges; anteilige Nichterhebung bei nur teilweise überflüssigem Sachverständigengutachten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein schwerer gerichtlicher Verfahrensverstoß, der die Nichterhebung der dadurch verursachten Kosten rechtfertigt, ist in einer Beweiserhebung zu einer Frage zu sehen, die zwischen den Parteien unstreitig ist (hier: Sachverständigengutachten zur Echtheit einer Unterschrift).

2. Verhält sich das insoweit überflüssige Sachverständigengutachten daneben auch über entscheidungserhebliches streitiges Parteivorbringen (hier: inhaltliche Verfälschung der ursprünglich echten Urkunde), können die auf die überflüssige Beweiserhebung entfallenen anteiligen Kosten geschätzt werden.

 

Normenkette

GKG §§ 21, 138 Abs. 3, §§ 287, 358, 402

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 09.08.2013; Aktenzeichen 15 O 25/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 9.8.2013 dahingehend geändert, dass von den Kosten des Sachverständigen R. von insgesamt 3.421,20 EUR ein Teilbetrag von 1.316,52 EUR nicht erhoben wird. Das weiter gehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Gerichtliche Gebühren fallen nicht an, außergerichtliche Aufwendungen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde des Beklagten, die sich auf der Grundlage von § 66 Abs. 2 GKG (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., § 21 GKG Rz. 66) gegen eine gerichtliche Entscheidung gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 GKG richtet, hat einen Teilerfolg. Im Übrigen scheitert sie.

Die streitigen Kosten sind insoweit niederzuschlagen, als sie durch die Befassung des Sachverständigen mit der im landgerichtlichen Beweisbeschluss vom 21.10.2010 gestellten Beweisfrage I.4 ausgelöst worden sind. Das betrifft einen Betrag, der mit 1.316,52 EUR zu bemessen ist. Die darüber hinausreichenden Kosten, deren Ansatz der Beklagte beanstandet, sind der Beantwortung der weiteren Beweisfrage I.3 zuzuordnen; sie werden zu Recht erhoben.

Die von der Beweisfrage I.4 getragene Beauftragung des Sachverständigen, Ermittlungen zur Echtheit des Namenszugs des Klägers unter der auf den 2.6.2006 datierten Quittung anzustellen, war offensichtlich fehlerhaft, weil die von dem Beklagten behauptete Authentizität der Unterschrift - anders als die des angegebenen Zahlungsbetrags - zwischen den Parteien nicht in Frage stand. Insofern ist über einen unstreitigen Umstand Beweis erhoben worden, der keiner Klärung bedurfte; das lief elementaren prozessualen Regeln zuwider.

Der Kläger hatte vor der Beauftragung des Sachverständigen R. und dem Erlass des vorangehenden Beweisbeschlusses vom 21.10.2010 die Quittung nur in ihrem Inhalt als eine Fälschung bezeichnet, indem er vorbrachte, man habe Eintragungen gemacht, nachdem er seine Unterschrift geleistet habe (Schriftsatz vom 3.9.2010, S. 2). Die Begrenzung des Fälschungsvorwurfs auf den Quittungstext bei gleichzeitiger Anerkennung der Unterschrift erneuerte er wenig später durch die Mitteilung, bei der Unterzeichnung der Quittung sei außer ihm und dem Beklagten niemand anwesend gewesen (Schriftsatz vom 6.10.2010, S. 1).

Im Hinblick darauf gab es keinerlei Veranlassung, den Sachverständigen R. zu einer Unterschriftsprüfung zu veranlassen. Dessen Gutachten vom 30.3.2011, das sich darüber verhielt, hätte daher allein insoweit erstattet zu werden brauchen, als die im Beschluss vom 21.10.2010 aufgeworfene Beweisfrage I.3 zur Echtheit der Betragsangabe in der Quittung berührt war. Das führt gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (zu dessen Anwendung auf die Auslagen für einen Sachverständigen vgl. OLG Koblenz MDR 2005, 599) zur Niederschlagung der Hälfte der für das Gutachten erfallenen Gesamtkosten von 2.633,03 EUR, während es für den übrigen Teil bei dem Kostenansatz verbleibt.

Eine entsprechene Aufteilung erscheint sachgerecht, auch wenn sich das Gutachten vorrangig mit der Unterschrift auf der Quittung auseinandersetzt. Denn bereits die Befassung des Sachverständigen mit der Beweisfrage I.3, die daneben in den Hintergrund trat, erforderte ein grundlegendes Aktenstudium und ausgedehnte physikalisch-technische sowie stereomikroskopische Untersuchungen, so dass sich der Zusatzaufwand, der für die Beantwortung der Frage I.4 anfiel, in Grenzen hielt.

Die mit der Anhörung des Sachverständigen R. im Termin vom 2.9.2011 verbundenen Kosten von 788,17 EUR sind nicht zu beanstanden. Allerdings kam auch hier die Beweisfrage I.4 zur Sprache. Aber es ist nicht zu ersehen, dass das neben dem Aufwand, der im Hinblick auf die Beweisfrage I.3 geleistet werden musste, wirtschaftlich ins Gewicht fiel. Die Vorbereitung, die Fahrtkosten und die zur Terminswahrnehmung erforderliche Zeit wären ohnedies angefallen.

Der Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 5507003

BauR 2014, 153

JurBüro 2014, 38

MDR 2013, 1366

RENOpraxis 2013, 274

NJOZ 2014, 1077

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