Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtbarkeit eines Beweisbeschlusses und der Wahl des Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Inhalt eines Beweisbeschlusses kann zulässigerweise nur im Rahmen der späteren Urteilsanfechtung beanstandet werden.

2. Dass der gerichtlich bestellte Sachverständige derselben Bezirksärztekammer angehört wie der beklagte Arzt, rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 02.02.2004; Aktenzeichen 10 O 144/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den am 5.3.2004 bestätigten Beschluss der 10. Zivilkammer des LG Koblenz vom 2.2.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Beschwerdewert beträgt 15.000 Euro.

 

Gründe

Das fristgemäß (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) eingelegte Rechtsmittel ist ohne Erfolg.

1. Soweit sich die Beschwerde der Klägerin gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Beweisbeschlusses vom 10.12.2003 wendet und dessen sachliche Ergänzung verlangt, ist sie bereits unzulässig. Wie Beweisfragen gefasst werden, ist dem Prozessgericht im Rahmen eigenständiger rechtlicher Würdigung des Streitstoffs überlassen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Rechtsmittelgerichte durch die "Korrektur" und Vorgabe von Beweisanordnungen die Entscheidungsfreiheit der Instanzgerichte beschneiden und damit deren Urteilsfindung beeinflussen würden. Die Rüge der Klägerin, der Beweisbeschluss greife nicht weit genug und bedürfe einer ändernden Ergänzung, ist nur im Rahmen eines Rechtsmittels gegen das - zukünftige - Urteil des LG statthaft (Greger/Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 358 Rz. 4; Musielak in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 358 Rz. 7).

2. Der auf § 406 Abs. 1 und 5 ZPO gestützte Angriff der Klägerin, der sich gegen die Person des vom LG bestimmten Sachverständigen wendet, kann aus sachlichen Gründen nicht durchdringen.

a) Die Zugehörigkeit des Sachverständigen und des Beklagten zu der selben Berufsgruppe und die gemeinsame Mitgliedschaft in der Bezirksärztekammer Koblenz begründen keine Besorgnis der Befangenheit (§§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO). Die Klägerin hat vorgetragen, dass der genannten Ärztekammer 2.047 niedergelassene Ärzte und darunter 155 Ärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe angehören. Diese Zahlen geben keinen hinreichenden, d.h. bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigten (Vollkommer in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 42 Rz. 9) Anlass für das geäußerte Misstrauen, "es bestehe eine all zu große Nähe zwischen dem Sachverständigen und dem Beklagten". Um Entsprechendes festzustellen, bedürfte es enger persönlicher Beziehungen, wie sie etwa aus einer langjährigen wissenschaftlichen Zusammenarbeit (OLG Köln vom 13.1.1992 - 13 W 1/92, OLGReport Köln 1992, 165 = VersR 1993, 72 [73]) oder aus für den Sachverständigen vorteilhaften Kontakten auf Praxisebene (vgl. OLG München vom 11.5.1998 - 3 W 1537/98, OLGReport München 1998, 280 = MDR 1998, 858) erwachsen könnten. Dafür ist die jedoch weder etwas behauptet noch sonst etwas ersichtlich.

b) Genauso wenig trägt die Befürchtung der Klägerin, dem Sachverständigen ermangele es zur Beantwortung der Beweisfragen an der erforderlichen fachlichen Kompetenz, eine Besorgnis der Befangenheit (OLG München vom 20.3.1980 - 25 W 920/80, Rpfleger 1980, 303; Greger in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 406 Rz. 9; Reichold in Thomas Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 406 Rz. 3).

Insofern kann dahin stehen, ob die Befürchtung der Klägerin sachlich berechtigt ist. Sie erscheint immerhin nachvollziehbar. Die Vorgehensweise des LG, eine schwierige medizinische Fragestellung an einen niedergelassenen Arzt heran zutragen, dessen gutachterliche Qualifikation allein durch seine Benennung von Seiten der Bezirksärztekammer noch nicht belegt ist, begegnet erheblichen Bedenken.

Sollte die Befürchtung der Klägerin zutreffen, kann dies jedoch allein - mit der Rüge eines Verstoßes gegen § 404 ZPO oder ggf. auch gegen § 412 ZPO - durch eine Berufung gegen das - bisher noch ausstehende - erstinstanzliche Urteil geltend gemacht werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 404 Rz. 10; Damrau in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 412 Rz. 5; Greger in Zöller, ZPO, 24. Aufl.,§ 412 Rz. 4).

3. Nach alledem ist das Rechtsmittel mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO (i.V.m. Nr. 1957 GKG-KV) zurückzuweisen.

Der Beschwerdewert bemisst sich nach einem Bruchteil des Hauptsachestreitwerts (vgl. OLG Koblenz vom 19.9.1988 - 14 W 508/88, MDR 1989, 71 = Rpfleger 1988, 507 [508]; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 3 Rz. 4. m.N. auch zur abweichenden Meinung).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1255429

ArztR 2005, 52

DS 2005, 33

ProzRB 2005, 6

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