Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich bei ausländischen Versorgungsanrechten

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Ehepartner während der Ehezeit ausländische Versorgungsanrechte erworben, deren Realisierung jedenfalls unwahrscheinlich ist, kann der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich ohne ihre Einbeziehung stattfinden. Der andere Ehepartner kann dann – sofern Versorgungsleistungen aus den ausländischen Anwartschaften seines Ehepartners später doch gezahlt werden sollten – ein Abänderungsverfahren gem. § 10a VAHRG betreiben.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5; VAHRG § 2; FRG § 1

 

Verfahrensgang

AG Worms (Urteil vom 08.04.2005; Aktenzeichen 2 F 197/04)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird das Urteil des AG - FamG - Worms vom 8.4.2005 teilweise abgeändert und unter Ziff. 2. und 3. wie folgt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin werden auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz in Speyer, bezogen auf den 31.8.2004, Rentenanwartschaften i.H.v. 45,61 EUR monatlich übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (West) umzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben; Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das AG hat durch das angefochtene Urteil die am 10.3.1995 in S. (Russland) geschlossene Ehe der Parteien geschieden und zugleich, bezogen auf den 31.8.2004, den Versorgungsausgleich dergestalt durchgeführt, dass - im Wege des Rentensplittings - Rentenanwartschaften der Antragstellerin i.H.v. 45,61 EUR monatlich auf den Antragsgegner übertragen; den Ausgleich der von den Parteien während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften in Russland hat es dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Mit ihrer (befristeten) Beschwerde wendet sich die weitere Beteiligte zu 1) dagegen, dass das AG auch die - in der erteilten Auskunft bereits berücksichtigten - ausländischen Anwartschaften der Antragstellerin dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten hat.

II. Die befristete Beschwerde ist statthaft (§§ 621e Abs. 1, 629 Abs. 2 S. 1; 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der für die Antragstellerin ermittelten Versorgungsanwartschaft i.S.d. § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB (Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1) vom 15.11.2004; Bl. 27 ff. d.A. VA) liegen auch ausländische Beitragszeiten zugrunde, die nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) vom 25.2.1960 (BGBl. III/FNA 824-3) den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichstehen (vgl. § 1 i.V.m. §§ 14 ff. FRG) und daher anzurechnen sind (Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Aufl. 2004, S. 143). Der Antragsgegner gehört hingegen nicht zum gem. § 1 FRG begünstigten Personenkreis, sodass seine in der ehemaligen Sowjetunion respektive ihren Nachfolgestaaten zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in der deutschen Rentenversicherung nicht anerkannt werden können (Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2) vom 29.6.2005; Bl. 68 GA).

b) Der Ermittlung des Werts der - grundsätzlich in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden - ausländischen Versorgungsanrechte gem. § 1587a Abs. 2 Nr. 4 oder § 1587a Abs. 5 BGB bedarf es vorliegend nicht.

Allerdings darf der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich dann nicht durchgeführt werden, wenn der Ehegatte mit den wertniedrigeren inländischen Rentenanwartschaften auch ausländische Versorgungsanrechte hat, deren Höhe nicht geklärt werden kann (OLG Köln v. 15.4.1986 - 4 UF 182/84, FamRZ 1986, 689; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 903 f.), denn in diesem Fall bliebe schon die Feststellung der Ausgleichsrichtung i.S.d. § 1587a Abs. 1 BGB in der Schwebe. Die Parteien sind dann insgesamt gem. § 2 VAHRG auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen (vgl. OLG Nürnberg v. 10.12.1998 - 7 UF 3704/98, OLGReport Nürnberg 1999, 218 = FamRZ 1999, 1203 f.; Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Aufl. 2004, S. 143, 597).

So liegt der Fall hier aber nicht. Es steht nämlich nicht zu erwarten, dass der - ausgewanderte - Antragsgegner etwa erworbene (ausländische) Versorgungsrechte jemals wird realisieren können. Mit der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten bestehen auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen, in Sonderheit auch keine Sozialversicherungsabkommen; ihr Abschluss ist auch für die Zukunft nicht wahrscheinlich (vgl. OLG Nürnberg v. 10.12.1998 - 7 UF 3704/98, OLGReport Nürnberg 1999, 218 = FamRZ 1999, ...

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