Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 329 Abs. 3 StPO dient ausschließlich der nachträglichen Geltendmachung möglicher Entschuldigungsgründe, die dem Berufungsgericht nicht bekannt waren, als es das Rechtsmittel verwarf.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 29. November 1999 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht Mainz hatte den Beschwerdeführer wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt.
Auf seine Berufung wurde Termin zur Hauptverhandlung vor der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mainz auf den 4. November 1999, 9. 00 Uhr, bestimmt. Zu diesem Termin wurde er - unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens - ordnungsgemäß geladen.
Am 4. November 1999 erschien er pünktlich im Gerichtssaal. Wegen eines unfallbedingten Staus im Bereich des Autobahnkreuzes Mainz traf der Vorsitzende erst um 9. 17 Uhr ein. Bei Aufruf der Sache um 9. 20 Uhr war der Beschwerdeführer nicht mehr anwesend. Etwa fünf Minuten vorher hatte er dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mitgeteilt, er werde jetzt gehen.
Seine Berufung wurde gemäß § 329 Abs. 1 StPO mit der Begründung verworfen, der um einige Minuten verspätete Beginn der Hauptverhandlung sei keine ausreichende Entschuldigung für seine Abwesenheit.
Nach Zustellung des Verwerfungsurteils beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 329 Abs. 3 StPO.
Seine gegen den die Wiedereinsetzung ablehnenden Beschluss der Strafkammer vom 29. November 1999 gerichtete und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 3 StPO) ist mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge wegen Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags als unbegründet zu verwerfen.
Nach § 329 Abs. 1 StPO hat das Gericht - abgesehen von vorliegend nicht gegebenen Ausnahmefällen - die Berufung des Angeklagten zu verwerfen, wenn er bei Beginn der Hauptverhandlung, d. h. bei Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 Satz 1 StPO) nicht anwesend und das Ausbleiben nicht entschuldigt ist.
Ist dem Gericht - wie vorliegend - ein (möglicher) Grund für die Abwesenheit bekannt, so muss es prüfen, ob der Angeklagte dadurch genügend entschuldigt ist und im Falle der Verneinung die maßgeblichen Erwägungen in den schriftlichen Urteilsgründen mitteilen. Eventuelle Rechtsfehler bei dieser Prüfung können nur mit der Revision gerügt werden.
Demgegenüber dient der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 329 Abs. 3 StPO der nachträglichen Geltendmachung möglicher Entschuldigungsgründe, die dem Berufungsgericht nicht bekannt waren, als es das Rechtsmittel verwarf. Der Antrag kann somit nie auf Umstände gestützt werden, die bereits in dem Verwerfungsurteil dahin gewürdigt worden sind, dass sie für eine Entschuldigung nicht ausreichen (KK-Ruß, StPO, 4. neubearb. Aufl. , § 329 Rdnr. 23 m. w. N. ).
Der Beschwerdeführer hat weder in seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 20. November 1999 noch in der Beschwerdebegründung vom 9. Dezember 1999 etwas Neues vorgetragen. Er beruft sich ausschließlich darauf, er könne erwarten, "dass auch andere pünktlich erscheinen". Damit macht er als Entschuldigungsgrund den bereits im Verwerfungsurteil berücksichtigten Umstand geltend, dass die Hauptverhandlung nicht pünktlich um 9. 00 Uhr begonnen hatte. Dass er - nach Aktenlage unzutreffend - behauptet, er habe dem Geschäftsstellenbeamten zwischen 9. 28 Uhr und 9. 35 Uhr mitgeteilt, er sei nicht länger gewillt zu warten, ändert daran nichts.
Es kann dahingestellt bleiben, ob ein unzulässiger Wiedereinsetzungsantrag nach § 329 Abs. 3 StPO, der die Rüge der fehlerhaften Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO zum Inhalt hat, gemäß § 300 StPO in eine Revision umgedeutet werden kann (siehe dazu OLG Köln StV 89, 53); denn es fehlt vorliegend an einer der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO entsprechenden Revisionsbegründung.
Fundstellen