Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit eines Empfangsbekenntnisses mittels vom Gericht für dessen Rücksendung mit der Zustellung zur Verfügung gestellten strukturierten maschinenlesbaren Datensatzes bedarf es keiner (elektronischen) Unterschrift des Zustellempfängers.

 

Normenkette

ZPO § 174 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Sätze 3-6

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Aktenzeichen 62 F 41/16)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 24.09.2020 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 24.09.2020 wird als unzulässig verworfen.

Der Antragssteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.440 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller betreibt die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über nachehelichen Ehegattenunterhalt. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.09.2020 hat das Familiengericht seinen Abänderungsantrag zurückgewiesen.

Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat die Zustellung dieses Beschlusses mit elektronischem Empfangsbekenntnis mit dem Datum 24.09.2020 bestätigt. Dieses ist als elektronischer Datensatz am 25.09.2020 auf dem Server des Familiengerichts im Wege der sicheren Übermittlung aus einem besonderen Anwaltspostfach eingegangen. Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat gegen den Beschluss mit Schriftsatz vom 26.10.2020, eingegangen per Telefax beim Familiengericht am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt, ohne diese zu begründen.

Mit am gleichen Tag per Telefax eingegangenen Schriftsatz vom 25.11.2020 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beantragt, die Frist zur Beschwerdebegründung um einen Monat zu verlängern.

Der Senat hat mit Verfügung vom 01.12.2020 darauf hingewiesen, dass er den Fristverlängerungsantrag für verspätet und die Beschwerde mithin für unzulässig hält.

Der Antragsteller ist der Auffassung, sein Antrag sei fristgerecht. Er bringt vor, der angegriffene Beschluss sei seiner Verfahrensbevollmächtigten erst am 25.09.2020 übermittelt worden. Hierzu legt er eine Ablichtung des dem Beschluss beigefügten Anschreibens des Familiengerichts vor, welches mit einem Eingangsstempel der Kanzlei vom 25.09.2020 versehen ist. Auch in der elektronischen Akte seiner Verfahrensbevollmächtigten sei der 25.09.2020 als Eingangsdatum hinterlegt. Zwar sei aus dem besonderen Anwaltspostfach ersichtlich, dass der Beschluss bereits am 24.09.2020 um 16:04 Uhr eingegangen sei, er sei allerdings erst am Folgetag durch die für die Bearbeitung der Post und die Überwachung der Fristen zuständige Mitarbeiterin bearbeitet worden. Die Kanzleimitarbeiterin und die Verfahrensbevollmächtigte hätten erst am 25.09.2020 von dem Beschluss Kenntnis genommen, sodass die Rechtsmittelfrist an diesem Tag notiert worden sei. Die Kanzleimitarbeiterin sei am 24.09.2020 nur bis 15:00 Uhr tätig gewesen und die Verfahrensbevollmächtigte nur bis 13:00 Uhr. Auch da das elektronische Empfangsbekenntnis nicht signiert worden sei, habe kein Empfang eintreten können.

Der Antragsteller hat seine Beschwerde mit am gleichen Tage eingegangenen Schriftsatz vom 04.12.2020 begründet und gleichzeitig hilfsweise beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Frist zur Beschwerdebegründung zu gewähren.

II. 1. Die ansonsten statthafte Beschwerde des Antragstellers war gemäß § 117 Abs. 1 FamFG iVm. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Denn die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderliche Beschwerdebegründung ist nicht innerhalb der 2-Monats-Frist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG eingegangen. Eine Verlängerung der Frist ist nicht erfolgt, denn eine Fristverlängerung setzt einen Antrag vor Fristablauf voraus (BGHZ 116, 377 = NJW 1992, 842). Ein solcher liegt nicht vor, da der am 25.11.2020 beim Senat eingegangene Fristverlängerungsantrag verspätet war.

Die Zustellung des angefochtenen Beschlusses ist am 24.09.2020 erfolgt.

Das von der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers an das Familiengericht auf elektronischem Wege übermittelte Empfangsbekenntnis weist als Zustellungstag den 24.09.2020 aus. Ein Empfangsbekenntnis erbringt urkundlichen Beweis über die Tatsache, dass ein Schriftstück zugestellt wurde und über das Zustellungsdatum (BGH NJW 2009, 855/856). Zwar ist die Führung eines Gegenbeweises der Unrichtigkeit eines Empfangsbekenntnisses zulässig. Dafür genügt jedoch die bloße Möglichkeit der Unrichtigkeit nicht. Vielmehr muss jede Möglichkeit der Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses ausgeschlossen werden (BGH, NJW 2006,1206/1207).

Den hiernach erforderlichen Gegenbeweis hat der Beschwerdeführer nicht geführt.

Die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses erfolgte vorliegend gemäß § 174 Abs. 3 iVm. Abs. 4 Satz 4 ZPO im Wege eines elektronischen Empfangsbekenntn...

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