Verfahrensgang
AG Westerburg (Entscheidung vom 17.09.2008; Aktenzeichen 42 F 814/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Westerburg vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Bedarfs, die sich bei minderjährigen Kindern nach den Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils richtet, von dem das Kind seine Lebensstellung ableitet, ist das minderjährige Kind. Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich dann, wenn nur der Mindestbedarf verlangt wird, denn das Kind ist nur bis zum Existenzminimum von der Darlegung und von dem Beweis befreit (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 176). Für den Zeitraum vor Juli 1998 ergibt sich dies bereits aus der früheren Fassung des § 1610 Abs. 3 BGB. Danach galt der Regelunterhalt als Mindestbedarf mit der Folge, dass eine weitere Darlegung des Bedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes nicht erforderlich war. Die für die Zeit ab dem 1. Juli 1998 bzw. 01. Januar 2008 geltenden Neuregelungen haben daran nichts geändert. Zwar ist § 1610 Abs. 3 BGB gestrichen und der Begriff des Regelunterhalts durch den des Regelbetrages bzw. des Mindestunterhalts in § 1612 a BGB ersetzt worden. Mit dieser Neuerung wollte der Gesetzgeber aber nicht von der bisherigen Rechtslage abweichen und dem Kind die Beweiserleichterungen (nur) im Rahmen des Regelbetrags nehmen (vgl. BGH, FamRZ 2002, 536). Wenn also entsprechend der Verteilung der Darlegungslast zugunsten des Klägers ohne weiteren substantiierten Vortrag nur davon ausgegangen werden kann, dass er einen Bedarf in Höhe des Mindestbedarfs hat, ist damit lediglich ein Anspruch in Höhe des Regelbetrags bzw. des Mindestunterhalts nach § 1610 a BGB gemeint. Darüber hinaus bleibt es bei der Darlegungslast des Kindes; dieses muss einen über den Mindestunterhalt hinausgehenden Bedarf darlegen und beweisen.
Dazu reicht nicht aus, dass der Kläger (in der Vergangenheit, in der Beschwerdeinstanz hält er diesen Vortrag nicht mehr aufrecht) auf die Anmerkung 1 zur Düsseldorfer Tabelle verweist. Denn die "Heraufstufung" in eine höhere Gruppe bei weniger als drei Unterhaltsberechtigten ist keineswegs eine gesetzliche Regelung, die den Bedarf des Klägers modifiziert. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft. Sie verändert auch nicht den gesetzlich definierten Mindestbedarf, sondern baut lediglich auf ihm auf. Nach der Anmerkung 1 können zwar bei einer geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter Zuschläge durch Einstufung in höhere Gruppen angemessen sein. Dies führt aber nicht zu einem höheren Mindestbedarf des Unterhaltsberechtigten, sondern hängt allein mit der gegenüber anderen Unterhaltspflichtigen geringeren Belastung des Unterhaltsschuldners zusammen. Denn der Mindestbedarf eines Kindes hängt nicht davon ab, ob der Unterhaltspflichtige einem oder drei Kindern gegenüber verpflichtet ist. Die Höherstufung ist auch nicht automatisch vorzunehmen, sondern vielmehr eine auf den Einzelfall bezogene Billigkeitsentscheidung, die dem Richter überlassen bleibt. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, jedenfalls in der ersten Einkommensgruppe keine Höherstufung vorzunehmen (vgl. hierzu die noch weitergehende Entscheidung des 11. Senats in FamRZ 2000, 440).
Allerdings hat der Kläger bisher auch nicht hinreichend substantiiert dazu vorgetragen, dass sich sein Bedarf aufgrund von Veränderungen in den Einkommensverhältnissen der Beklagten zwischenzeitlich (ab wann?) erhöht hat. Erforderlich hierfür wäre ein bereinigtes monatliches Einkommen der Beklagten, das wenigstens in die zweite Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzustufen wäre, mithin ein Einkommen von über 1.500 EUR. Insoweit beruft sich der Kläger lediglich darauf, die Beklagte sei inzwischen vollschichtig als Krankenschwester tätig. Als solche könnte sie nach der Kenntnis des Senats selbst bei Einstufung in den oberen Bereich der entsprechenden Tarifgruppen nicht mehr als 2.500 EUR brutto verdienen (vgl. WSI Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung, www.boeckler.de). Hieraus errechnet sich ein Nettoeinkommen (bei Steuerklasse I/0,5) von rund 1.550 EUR, nach Abzug von lediglich 5% pauschalen berufsbedingten Aufwendungen 1.472 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte über ein höheres Einkommen verfügt, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargetan.
Fundstellen
Haufe-Index 2580108 |
FamRZ 2009, 1075 |
NJW-Spezial 2009, 500 |
JAmt 2009, 581 |