Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz nach Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses. Rechtsentscheid in Mietsachen: Anwendbarkeit des Kündigungsrechtes wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache
Normenkette
BGB §§ 553, 554a
Verfahrensgang
AG Alzey (Aktenzeichen C 1352/94) |
LG Mainz (Aktenzeichen 6 S 190/95) |
Tenor
§ 554 a BGB findet neben § 553 BGB auch dann keine Anwendung, wenn der vertragswidrige Gebrauch der gemieteten Sache zugleich eine Pflichtverletzung im Sinne des § 554 a BGB darstellt.
Tatbestand
I.
Die Beklagte hatte mit den Klägern am 17. Dezember 1993 einen Mietvertrag über das Anwesen „…” in W. abgeschlossen. Das Mietverhältnis begann am 1. Januar 1994 und sollte am 31. Dezember 1998 enden. Der Mietzins betrug zu Beginn gemäß einer Staffelmietvereinbarung 1.500 DM zuzüglich 120 DM Nebenkostenpauschale monatlich.
Die Beklagte betrieb in dem gemieteten Haus einen „Privaten Partykreis für Pärchen und Singles”, für den sie unter Angabe ihrer Telefonnummer unter anderem in der Zeitschrift „Sperrmüll” am 8. März, 23. März und 8. April 1994 warb. Die Interessenten hatten pro Besuch 160 DM zu zahlen.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Mai 1994 kündigten die Kläger den Mietvertrag ohne vorherige Abmahnung unter Bezugnahme auf die §§ 553, 554 a BGB fristlos. Sie forderten die Beklagte zur Räumung bis 7. Juni 1994 auf. Die Kündigung wurde zum einen darauf gestützt, daß die Beklagte das zu Wohnzwecken angemietete Haus zur Einrichtung eines bordellartigen Betriebes genutzt habe, weshalb die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar sei. Der Betrieb les Partykreises führe infolge des Besucheraufkommens zu Beschwerden aus der Nachbarschaft sowie zu einem erheblichen Wertverlust des Hauses im Hinblick auf künftige Vermietung oder Veräußerung. Darüber hinaus habe die Beklagte entgegen der unstreitig getroffenen schriftlichen Zusatzvereinbarung vom 23. März 1994, mit der lediglich die Haltung eines Hundes mittlerer Größe erlaubt worden sei, eine Dogge gehalten. Schließlich habe die Beklagte sie – die Kläger – bei Vertragsabschluß arglistig darüber getauscht, daß sie allein in das Haus einziehe wolle und es sich bei ihr um eine ruhige, seriöse Mieterin handele.
Die Beklagte hat das Anwesen am 30. Juni 1994 geräumt. Eine Weitervermietung der Hauptwohnung war erst zum 1. Oktober 1994 möglich.
Die Kläger machen mit ihrer Klage unter anderem einen Anspruch auf Mietausfall sowie anteilige Nebenkosten für die Monate Juli bis September 1994 geltend. Sie sind der Auffassung, sie seien aus den im Kündigungsschreiben enthaltenen Gründen zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen.
Die Beklagte hat bestritten, einen bordellartigen Betrieb geführt zu haben. Es seien Vielmehr gelegentlich private Partys gefeiert worden. Die erhobene Unkostenpauschale von 160 DM sei üblich und habe ausschließlich die Kosten für Speisen und Getränke gedeckt. Vor Erteilung der schriftlichen Zustimmung hätten sich die Kläger im übrigen mündlich mit der Hundehaltung ohne Größenbeschränkung einverstanden erklärt. Bei den Vertragsverhandlungen sei nicht darüber gesprochen worden, daß die Kläger eine ruhige, seriöse Mieterin wünschten.
Das Amtsgericht hat der Klage bezüglich des geltend gemachten Mietausfalls und der Nebenkosten im wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, das Betreiben eines Partykreises in zu Wohnzwecken gemieteten Räumen stelle sowohl einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache als auch eine grobe Verletzung der aus dem Mietverhältnis resultierenden Pflichten dar. Die Interessen der Vermieter seien massiv dadurch beeinträchtigt, daß sich wechselnde, auch der Mieterin unbekannte Personen in den Wohnräumen aufhielten, wodurch das Risiko für die Mietsache erheblich vergrößert sei. Darüber hinaus werde die Vermietbarkeit des Anwesens in einem kleinen Ort wie W. erheblich erschwert. Das Amtsgericht hat § 554 a BGB neben § 553 BGB für anwendbar erachtet, so daß es aus seiner Sicht einer Abmahnung vor der Kündigung nicht bedurfte.
Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Klageabweisung.
Das über die Berufung befindende Landgericht hat durch Beschluß vom 13. September 1996 dem Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Findet § 554 a BGB neben § 553 BGB Anwendung, wenn der vertragswidrige Gebrauch der gemieteten Sache zugleich eine Pflichtverletzung darstellt?
Das Landgericht vertritt die Auffassung, für die Entscheidung über die Klage komme es darauf an, ob die Kläger zur fristlosen Kündigung ohne Abmahnung berechtigt gewesen seien. Damit sei entscheidungserheblich, ob die hier ausgesprochene fristlose Kündigung auf § 554 a BGB gestützt werden könne, wenn der vertragswidrige Gebrauch der Mietsache zugleich eine Pflichtverletzung darstelle. Da die fristlose Kündigung nicht bereits durch die beiden weiteren geltend gemachten Kündigungsgründe gerechtfertigt sei, weil die jeweiligen diesen zugrunde...