Leitsatz

§ 554 a BGB findet neben § 553 BGB auch dann keine Anwendung, wenn der vertragswidrige Gebrauch der gemieteten Sache zugleich eine Pflichtverletzung im Sinne des § 554 a BGB darstellt.

 

Sachverhalt

Der Mieter hatte einen Mietvertrag über ein Haus abgeschlossen mit einer Laufzeit von Anfang 1994 bis Ende 1998. Er betrieb in dem von ihm gemieteten Haus einen "Privaten Partykreis für Pärchen und Singles". Die Interessenten mußten pro Besuch 160.- DM zahlen. Am 30. Mai 1994 kündigten die Vermieter den Mietvertrag ohne vorherige Abmahnung schriftlich und fristlos unter Bezugnahme auf die §§ 553, 554 a BGB. Sie forderten den Mieter zur Räumung bis 7.6.1994 auf.

Die Kündigung wurde zum einen darauf gestützt, daß der Mieter das zu Wohnzwecken angemietete Haus zur Einrichtung eines bordellartigen Betriebes genutzt habe. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei daher unzumutbar. Der Betrieb des Partykreises führe infolge des Besucheraufkommens zu Beschwerden aus der Nachbarschaft sowie zu einem erheblichen Wertverlust des Hauses im Hinblick auf künftige Vermietung oder Veräußerung. Darüber hinaus habe der Mieter entgegen einer Zusatzvereinbarung, mit der lediglich die Haltung eines Hundes mittlerer Größe erlaubt worden sei, eine Dogge gehalten. Schließlich habe der Mieter den Vermieter bei Vertragsabschluß arglistig darüber getäuscht, daß er allein in das Haus einziehen wolle und es sich bei ihm um einen ruhigen, seriösen Mieter handele.

Der Mieter hat das Anwesen am 30.6.1994 geräumt. Die Hauptwohnung konnte erst zum 1.10.1994 weitervermietet werden. Der Vermieter macht Ansprüche aus Mietausfall sowie anteilige Nebenkosten für die Monate Juli bis September 1994 geltend. Er ist der Auffassung, er sei aus den im Kündigungsschreiben enthaltenden Gründen zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen. Der Mieter hat bestritten, einen bordellartigen Betrieb geführt zu haben. Es seien vielmehr gelegentlich private Partys gefeiert worden. Die erhobene Unkostenpauschale von 160.- DM sei üblich und habe ausschließlich die Kosten für Speisen und Getränke gedeckt. Vor Erteilung der schriftlichen Zustimmung hätten sich der Vermieter im übrigen mündlich mit der Hundehaltung ohne Größenbeschränkung einverstanden erklärt. Bei den Vertragsverhandlungen sei nicht darüber gesprochen worden, daß der Vermieter einen ruhigen, seriösen Mieter wünschten.

Das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter ohne Abmahnung fristlos kündigen durfte, weil hier der vertragswidrige Gebrauch zugleich ein schwerwiegende Verletzung der Mieterpflichten darstellte. Die auf die Durchführung der Partys gestützte fristlose Kündigung ist nur dann wirksam, wenn sie eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellte.

 

Entscheidung

Der Betrieb der Single-Partys stellt hier zwar sowohl einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache (§ 553 BGB) dar als auch eine schwerwiegende Verletzung der Mieterpflichten (§ 554 a BGB). Der vertragswidrige Gebrauch berechtigt aber zunächst nicht zur fristlosen Kündigung. Gebraucht der Mieter die Mietsache vertragswidrig, kann der Vermieter nur nach Abmahnung fristlos kündigen (§ 553 BGB). Der Grund für eine fristlose Kündigung ist nämlich nicht der vertragswidrige Gebrauch, sondern die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs.

Ein Mieter, der trotz Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt, verletzt allerdings auch gleichzeitig in schwerwiegender Weise seine Mieterpflichten. Die fristlose Kündigung wegen fortgesetzt vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553 BGB) geht aber als Spezialvorschrift der fristlosen Kündigung wegen schwerwiegenden Pflichtverletzung (§ 554 a BGB) vor.

Bei einem vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache soll der Vermieter gezwungen sein, dem Mieter deutlich zu machen, daß er diesen Gebrauch nicht weiter duldet. Der allgemeine fristlose Kündigungsgrund wegen schwerer Pflichtverletzung (§ 554 a BGB) ist also nur anwendbar, wenn kein spezieller Kündigungsgrund - etwa wie der des fortgesetzten vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553 BGB) - vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.01.1999, 4 U 61/98OLG Koblenz, Rechtsentscheid vom 16.07.1997, 4 W - RE - 602/96

Fazit:

Die fristlose Kündigung wegen Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553 BGB) setzt eine Abmahnung voraus. Darunter ist eine der Mahnung vergleichbare, einseitige, zugangsbedürftige Willenserklärung zu verstehen, die eine Rüge und eine Warnung zum Inhalt hat.

Zwar setzt die Kündigung nach § 553 BGB kein schuldhaftes Verhalten voraus, sie soll aber erst gerechtfertigt sein, wenn der vertragswidrige Gebrauch nach Abmahnung fortgesetzt wird. Die Abmahnung hat eine Rüge und eine Warnung zum Inhalt. Würde man auf sie verzichten, wäre ihr Zweck verfehlt, nämlich dem Mieter vor den vertragswidrige Gebrauch der Mietsache vor Augen zu führen und ihn zur Beendigung desselben anzuhalten.

Durch das Erfordernis der Abmahnung soll der Mieter auch vor einer schikanösen Kündigung seitens des Vermieters bei jeder möglicherweise harml...

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