Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskostenhaftung bei teilweiser PKH-Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Die teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Beklagten bewirkt nicht, dass die Staatskasse dem umfassend obsiegenden Kläger sämtliche Gerichtkostenvorschüsse erstatten muss. Hinsichtlich des nicht von der PKH erfassten Teils des Streitgegenstandes kann der Kläger auch die Gerichtskosten gegen den Beklagten festsetzen lassen; nur wegen Restes besteht ein Rückerstattungsanspruch gegen die Staatskasse.
2. Bei der Berechnung dieses Rückerstattungsanspruchs ist zwischen der Gebühr für das Verfahren und Auslagenvorschüssen zu differenzieren. Wegen der Degression der gerichtlichen Gebühren sind diese dem Kläger nach dem gesamten von der PKH-Bewilligung erfassten Streitwert zu erstatten. Auslagen sind hingegen nach dem prozentualen Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen aufzuteilen (teilweise Abweichung von OLG Düsseldorf in JurBüro 2000, 425).
Normenkette
GKG §§ 12, 14, 17-18, 29, 31, 34; ZPO §§ 114, 123
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 31.01.2007; Aktenzeichen 1 O 350/91) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.1.2007 wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
In dem seit 1991 anhängigen Rechtsstreit hatte die Klägerin beantragt, den zuletzt beklagten Nachlasspfleger zur Zahlung von 63.911,49 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.
Dem Beklagten wurde Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er sich gegen eine Zahlung von mehr 25.769,11 EUR wandte (= 38.142,38 EUR). Sein weiter greifender PKH-Antrag wurde abgelehnt.
Das LG hat Sachverständigen- und Zeugenbeweis erhoben und hiernach der Klage - bis auf einen unbedeutenden Teil der Zinsen - stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Beklagten auferlegt worden.
Bei der Abrechnung der Gerichtskosten hat der Kostenbeamte den PKH-freien Teil auf 4/10 veranschlagt (richtig wären 40,32 %) und dementsprechend eine Rückerstattung der von der Klägerin geleisteten Gerichtskostenvorschüsse nach einem Bruchteil von 6/10 angeordnet.
Die dagegen von der Klägerin erhobene Erinnerung hatte einen Teilerfolg. Der Bezirksrevisor vertrat die Ansicht, nur die gerichtlichen Auslagen (Entschädigung der Zeugen und des Sachverständigen) seien im Verhältnis der Streitwerte aufzuteilen. Dagegen seien die von der PKH-Partei zu zahlenden Gerichtsgebühren in der Weise zu ermitteln, dass von den Gebühren aus dem Gesamtstreitwert die Gebühr abgezogen werde, der auf den Teil entfalle, für den PKH bewilligt worden sei. Der Kostenbeamte hat dementsprechend seinen ursprünglichen Kostenansatz korrigiert und den Erstattungsanspruch der Klägerin neu berechnet.
Hinsichtlich der verbliebenen Beschwer hat die Klägerin an der Erinnerung festgehalten und die Ansicht vertreten, sämtliche Gerichtskosten müssten ihr im Hinblick auf die PKH-Bewilligung auf Beklagtenseite erstattet werden.
Dem ist das LG nicht gefolgt und hat die Erinnerung gegen den berichtigten Kostenansatz zurückgewiesen. Die Erwägungen des Bezirksrevisors seien richtig.
Dagegen wendet sich die Beschwerde ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung trifft in der Begründung zu und enthält im rechnerischen Ergebnis keinen Fehler zum Nachteil der Klägerin.
Unstreitig müssen im Fall umfassender PKH-Bewilligung auf Beklagtenseite sämtliche vom Kläger gezahlten Gerichtskostenvorschüsse aus der Staatskasse zurückerstattet werden, wenn dem Beklagten durch gerichtliche Entscheidung die Kosten auferlegt sind. Das ergibt sich nach neuem Recht aus § 31 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz GKG.
Das LG hat allerdings richtig gesehen, dass auf den vorliegenden Altfall das GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1975 weiter anzuwenden ist (§ 72 Nr. 1 GKG neuer Fassung). Indes war bereits zum alten GKG seit der in BVerfG v. 23.6.1999 - 1 BvR 984/89, MDR 1999, 1089 abgedruckten Entscheidung des BVerfG anerkannt, dass in derartigen Fällen eine Rückerstattung der Gerichtskosten an den obsiegenden Kläger stattfindet (ständige Senatsrechtsprechung).
Der Auffassung der Beschwerde, zur umfassenden Rückerstattung sei die Staatskasse auch dann verpflichtet, wenn der beklagten Partei nur zu einem Teil Prozesskostenhilfe bewilligt ist, kann jedoch nicht gefolgt werden. Dem Beklagten, der in einer derartigen Situation den Prozess umfassend weiterführt, ist bekannt, dass er letztendlich mit Gerichtskosten belastet werden kann, soweit diese den Prozessteil betreffen, für den PKH versagt wurde. Die PKH-Partei ist daher insoweit nicht schutzbedürftig. Das bedeutet, dass der umfassend siegreiche Kläger die von ihm gezahlten, auf den PKH-freien Teil entfallenden Gerichtskosten gegen den Beklagten festsetzen lassen und vollstrecken kann. Damit ist den berechtigten Belangen des siegreichen Klägers hinreichend Rechnung getragen. Die von der Beschwerde postulierte umfassende Erstattungspflicht der Gerichtskasse läuft in derartigen Fällen darauf hinaus, das ...