Leitsatz (amtlich)
Sowohl dem betreuenden als auch dem umgangsberechtigten Elternteil sind alle persönlichen Gegenstände, Kleidung und Urkunden herauszugeben, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem jeweils anderen Elternteil voraussichtlich benötigt.
Das gilt freilich nur insoweit, als der Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts tatsächlich auf die Urkunden oder Sachen angewiesen ist. Dabei ist es aber dem Umgangsberechtigten eigenverantwortlich überlassen, wie er den Umgang gestaltet, solange damit keine Kindeswohlgefährdung einhergeht.
Normenkette
BGB §§ 1632, 1684 Abs. 1-2, § 1697a
Verfahrensgang
AG Koblenz (Aktenzeichen 208 F 229/22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 23.01.2023 in Ziff. 1 seines Tenors wie folgt abgeändert:
2. Die Gerichtskosten tragen die Kindesmutter und der Kindesvater je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Für das Beschwerdeverfahren tragen die Kindesmutter und der Kindesvater die Gerichtskosten je zur Hälfte und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf bis 500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige isolierte Kostenbeschwerde in der beendeten Kindschaftssache hat in der Sache teilweise Erfolg. Sie führt dazu, dass die erstinstanzlichen Kosten zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufzuheben waren. Nicht in Betracht kommt demgegenüber die vom Beschwerdeführer beantragte vollständige Kostenlast der Kindesmutter.
Das Familiengericht hat die Kosten in ermessensfehlerhafter Weise allein dem Antragsteller auferlegt. Zwar hat dieser seinen Antrag zurückgenommen, nachdem die Kindesmutter ihm einen USB-Stick mit den digitalisierten Kita-Ordnern der gemeinsamen Kinder übergeben hatte. Dies rechtfertigte vorliegend die getroffene Kostenentscheidung jedoch nicht.
Auch nach Erledigung des Verfahrens erfolgt die Kostenentscheidung gemäß §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 FamFG nach billigem Ermessen. Inwieweit zwischen den Eltern eine Verständigung über die Kita-Ordner stattgefunden hatte, bedarf keiner Entscheidung durch den Senat. Denn diese Frage ist streitig und im Rahmen der §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 FamFG sind die bisherigen Erfolgsaussichten lediglich summarisch zu prüfen; es ist keine weitere Sachaufklärung zu betreiben und Rechtsfragen müssen nicht abschließend entschieden werden (vgl. Senat FamRZ 2021, 1145).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordern sowohl die - hier weitgehend der Kindesmutter zustehende - Personensorge als auch der - dem Kindesvater zustehende - Umgang, dass der jeweils berechtigte Elternteil in die Lage versetzt wird, die gemeinsame Zeit mit den Kindern ungestört und damit kindeswohldienlich zu verbringen. Dazu müssen dem berechtigten Elternteil gemäß §§ 1632, 1684 BGB all diejenigen persönlichen Gegenstände, Kleidung und Urkunden herausgegeben werden, die die Kinder während ihres Aufenthalts bei dem die Herausgabe begehrenden Elternteil voraussichtlich benötigen. Damit korrespondiert die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB, wonach der andere Elternteil alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis der Kinder zum jeweils berechtigten Elternteil beeinträchtigt oder erschwert (vgl. BGH FamRZ 2019, 1056).
Das gilt freilich nur insoweit, als der jeweils berechtigte Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts tatsächlich auf die Urkunden oder Sachen, deren Herausgabe er begehrt, angewiesen ist (vgl. BGH aaO.). Auch unter dieser Prämisse erweist es sich allerdings als im Rahmen der Kostenentscheidung ermessensfehlerhaft darauf abzustellen, dass das Anschauen alter Fotos nur eine von vielen Möglichkeiten der Gestaltung der Umgänge in einer Art, die den Kindern Freude bereitet, sei, so dass eine Notwendigkeit des Zugriffs auf den Kita-Ordner nicht bestehe. Denn diese Argumentation des Familiengerichts übersieht, dass es dem Umgangsberechtigten eigenverantwortlich überlassen ist, wie er den Umgang gestaltet, solange damit keine Kindeswohlgefährdung einhergeht. Demgemäß kann er auch grundsätzlich die Herausgabe aller Sachen der Kinder für die Dauer des Umgangs verlangen, welche die Kinder für die von ihm gewünschte Gestaltung des Umgangs benötigen. Dass die Kindesmutter vorgerichtlich bereit war, dem Kindesvater die digitalisierten Kita-Ordner ernsthaft zeitnah zur Verfügung zu stellen, ist nicht hinreichend ersichtlich.
Demgemäß entspricht vorliegend nach Erledigung des Verfahrens der in Kindschaftssachen regelmäßig anzuwendende Grundsatz, wonach die Gerichtskosten die Eltern hälftig tragen und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2021, 876; OLG Köln FamRZ 2017, 383; OLG Naumburg FamRZ 2014, 687; KG FamRZ 2012, 1162), der Billigkeit. Die einseitige Kostenlast eines Elternteils stellt sich demgegenüber als ermessensfehlerhaft dar. Das gilt hier ebenfalls in Bezug auf die mit der Beschw...