Leitsatz (amtlich)
1. Hat das mit der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens befasste Gericht nach Einholung eines fachorthopädischen Sachverständigengutachten das selbständige Beweisverfahren für beendet erklärt und einen Antrag auf Einholung eines zusätzlichen radiologischen Gutachtens bzw. Obergutachtens zurückgewiesen, ist gegen diese Entscheidung eine sofortige Beschwerde nicht statthaft (in Anknüpfung an BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - R + S 2011, 44, zitiert nach Beck-online Rdnr. 6 m.w.N.).
2. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren. Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Ablehnung der Einholung eines neuen Gutachtens grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben.
Normenkette
ZPO §§ 412, 485-487, 490, 492, 567, 569
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 6 OH 8/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier - Einzelrichterin - vom 9. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat gegen die Beklagte im Wege der Beweissicherung im selbständigen Beweisverfahren das schriftliche Gutachten eines medizinischen Sachverständigen zur Feststellung des gesundheitlichen Zustands des Antragstellers, der Unfallursächlichkeit und der Höhe des unfallbedingten Invaliditätsgrades beantragt. Bezüglich der dem Sachverständigen vorzugebenden Fragen wird auf die Antragsschrift vom 7. April 2016 (Bl. 1 ff. d. A.) verwiesen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9. Juni 2016 (Bl. 31 ff. d. A.) die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über folgende Fragen des Antragstellers angeordnet, ob Störungen des Ganges und der Mobilität des Antragstellers vorliegen, ob es sich dabei um einen Dauerschaden handelt und ob chronische unbeeinflussbare Schmerzen verschiedener Körperteile des Antragstellers vorliegen, wie etwa im Bereich der Handgelenke, der Schultern, der Hüfte, der Ferse, der Rückenbeschwerden. Es hat angeordnet, dass der Sachverständige darüber Auskunft erteilen soll, ob die Schmerzen Folgen des Sturzes des Antragstellers vom Baugerüst am 5. Februar 2011 seien und ob eine Veränderung der Wirbelsäule mit erheblicher Fehlhaltung bestehe. Gegenstand des Beweisbeschlusses war ferner, ob bei dem Antragsteller Taubheits- und Kribbelgefühle in den Fingern beider Hände und beider Beine bestehen sowie ob die bei ihm aufgetretenen Kopfschmerzen auf den Unfall vom 5. Dezember 2011 zurückzuführen seien. Der Sachverständige hatte sich ferner damit zu befassen, ob bei dem Antragsteller ein Impingementsyndrom rechte Schulter mit endgradiger Bewegungseinschränkung und ein Impingementsyndrom linke Schulter mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung besteht und ob diese auf den Unfall vom 5. Dezember 2011 zurückzuführen seien. Dem Sachverständigen ist die Frage vorgegeben worden, ob bei dem Antragsteller eine posttraumatische Belastungsstörung besteht. Der Sachverständige hatte sich ferner mit der Höhe des Grades der unfallbedingten Invalidität auseinanderzusetzen nach der Gliedertaxe der S. Versicherungs AG. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts Trier vom 9. Juni 2016 Bezug genommen.
Der Sachverständige Prof. Dr. Eckerhard F., Orthopädische Klinik... hat unter dem 27. August 2016 sein fachörthopädisches Gutachten und unter dem 16. Januar 2017 sein fachorthopädisches Ergänzungsgutachten erstattet.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2017 hat der Kläger beantragt, ein radiologisches Gutachten eines spezialisierten Radiologen, hilfsweise ein Obergutachten einzuholen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9. Juni 2017 (Bl. 150 ff. d.A.) die Anträge des Antragstellers auf Einholung eines radiologischen Gutachtens, hilfsweise eines Obergutachtens, und auf Ergänzung der bisherigen Gutachten durch den Sachverständigen Prof. Dr. F. zurückgewiesen. Es hat das selbständige Beweisverfahren für beendet erklärt.
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass Ausgangspunkt sei, dass im selbständigen Beweisverfahren keine abschließende inhaltliche Würdigung der Begutachtung erfolge. Diese und gegebenenfalls eine erforderliche Ergänzung einer Beweisaufnahme sei einem Rechtsstreit in der Hauptsache vorbehalten. Vorliegend könne der Antrag auf Einholung eines Obergutachtens keinen Erfolg haben, da die Voraussetzungen des § 412 ZPO, dass die Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. F. nicht ausreichend oder mangelhaft sei, weder dargetan noch ersichtlich seien. Nicht ausreichend sei, dass der Antragsteller beanstande, dass die Ergebnisse des Gutachtens früheren Befunden behandelnder Ärzte, insbesondere der Dres. R., K. und F., widersprächen, woraus folge, dass das Gutachten von falschen Tatsachen ausgehe bzw. falsche Diagnosen stellen müsse. Der Sachverständige habe sich bei seiner...