Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Gebühren mehrerer selbständiger Beweisverfahren im Rechtszug
Normenkette
RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 5; ZPO §§ 91, 104, 485, § 485 ff.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 16.06.2010) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 29.6.2010 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 16.6.2010 dahingehend geändert, dass der nach dem Urteil des LG Koblenz vom 27.2.2009 von dem Kläger an die Beklagten zu erstattende Betrag auf 9.635,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12.3.2009 festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger 95 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 5 %.
3. Der Wert der Beschwerde wird auf 2.447,47 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrte von den Beklagten Schadensersatz wegen des arglistigen Verschweigens von Mängeln beim Abschluss eines notariellen Kaufvertrages über das vormalige Anwesen der Beklagten. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückgewiesen.
Vor der Erhebung der Klage hatte der Kläger gegen die Beklagten unter den Aktenzeichen 15 OH 7/06 und - weil das Gericht eine Fortsetzung dieses Verfahrens abgelehnt hatte - 15 OH 5/07 zwei Beweisverfahren eingeleitet. Der Streitgegenstand der beiden selbständigen Beweisverfahren deckt sich in der Summe mit dem Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens.
Die Beklagten haben in der Kostenfestsetzung mit Antrag vom 10.3.2009 (Bl. 251 GA) die in den beiden selbständigen Beweisverfahren angefallenen 1,3-Verfahrensgebühren nebst der jeweils angefallenen 0,3-Erhöhungsgebühr - im Verfahren 15 OH 7/06 aus einem Streitwert von 50.000 EUR i.H.v. 1.673,60 EUR sowie im Verfahren 15 OH 5/07 aus einem Streitwert i.H.v. 82.030,65 EUR i.H.v. 2.043,20 EUR - geltend gemacht. Für das Erkenntnisverfahren haben sie ebenfalls eine 1,3-Verfahrensgebühr nebst einer 0,3-Erhöhungsgebühr aus 82.030,65 EUR i.H.v. 2.043,20 EUR geltend gemacht und hierauf einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr i.H.v. 1.660,10 EUR aus einem Streitwert 82.030,65 EUR angerechnet. Sie gelangen so zu einer Forderung von brutto 10.091,08 EUR.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger dagegen die 3 Verfahrensgebühren zusammengerechnet und auf die Summe die beiden Verfahrensgebühren der selbständigen Beweisverfahren angerechnet, so dass sich im Ergebnis nicht nur keine Berücksichtigung der erhöhten Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren, sondern eine darüber hinausgehende Kürzung der Gebühren aus dem Hauptsacheverfahren ergab. Insgesamt wurden die zu erstattenden Kosten auf 7.643,61 EUR festgesetzt.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer als Erinnerung bezeichneten sofortigen Beschwerde vom 29.6.2010, der der Rechtspfleger mit Beschluss vom 15.9.2010 nicht abgeholfen hat.
II. Die zulässige Beschwerde ist weitgehend begründet.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören zu den notwendigen Kosten des Hauptsacheverfahrens und sind grundsätzlich dort zu berücksichtigen (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 490 Rz. 7 sowie § 91 Rz. 13 - selbständiges Beweisverfahren m.w.N.). Die außergerichtlichen Auslagen der Beklagten in den beiden selbständigen Beweisverfahren sind deshalb im vorliegenden Hauptsacheverfahren und der hierauf bezogenen Kostenfestsetzung zu berücksichtigen. Dies ziehen die Parteien auch nicht in Zweifel.
Soweit der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand des Rechtsstreites ist oder wird, wird die Verfahrensgebühr des selbständigen Beweisverfahrens nach Vorbem. 3 Abs. 5 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr des Rechtszuges angerechnet. Aus der Formulierung des Gesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass es grundsätzlich nur eine Verfahrensgebühr aus einem selbständigen Beweisverfahren gibt. Insoweit liegt hier ein atypischer Fall vor.
Die Ratio der Norm liegt darin begründet, dass der Rechtsanwalt über die Vertretung der Partei im selbständigen Beweisverfahren derart eingearbeitet ist, dass die mit der Verfahrensgebühr im Hauptprozess abzugeltenden Tätigkeiten bereits abgegolten sind. Dann ist es aber unerheblich, ob sich der anrechenbare Betrag aus der Verfahrensgebühr eines selbständigen Beweisverfahrens oder aus der Summe der Verfahrensgebühren mehrerer selbständiger Beweisverfahren zusammensetzt. Der Anrechnungsbetrag als solches ist also, wovon der Rechtspfleger zutreffend ausgeht, durch die Addition der Verfahrensgebühren in den verschiedenen selbständigen Beweisverfahren zu ermitteln. Es findet damit auch keine Anrechnung der Verfahrensgebühren in den selbständigen Beweisverfahren untereinander statt, wie die Beschwerde meint, sondern eine Anrechnung der Summe aller Verfahrensgebühren im selbständigen Beweisverfahren auf die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren.
Der Rechtspfleger hat aber übersehen, dass sich aus dem Umstand, d...