Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Festsetzung von Berufungskosten bei nicht glaubhaft gemachtem Vertretungsauftrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bestreitet der Berufungsführer, der sein zunächst eingelegtes Rechtsmittel vor der Begründung zurückgenommen hat, den vom gegnerischen Bevollmächtigten behaupteten Vertretungsauftrag, muss dieser ein entsprechendes Mandat mit den im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren statthaften Beweismitteln glaubhaft machen.

2. Erklärt der Berufungsbeklagte, er habe seinen erstinstanzlichen Bevollmächtigten nach Einlegung der Berufung gebeten, dagegen vorzugehen, "wie er es für richtig halte", ist damit eine Auftragserteilung nicht schlüssig dargelegt, die Festsetzung einer Gebühr nach 3201 VV-RVG daher abzulehnen.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104 Abs. 2 S. 1, §§ 106, 294, 516 Abs. 3, §§ 519-520; RVG § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9; RVG-VV Nrn. 3200-3201; BGB §§ 133, 157, 675

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 05.08.2015; Aktenzeichen 2 O 71/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers werden der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 5.8.2015 aufgehoben und die Festsetzungsanträge der Beklagten zu 1) und 2) vom 6.3.2015 hinsichtlich der Kosten für das Berufungsverfahren zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagte zu 1) zu 54 % und die Beklagte zu 2) zu 46 %.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 947,83 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache Erfolg. Für eine Festsetzung der von den Beklagten angemeldeten Kosten fehlt es an einer hinreichend vorgetragenen Grundlage. Daher unterliegt der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG der Aufhebung unter Zurückweisung der Festsetzungsbegehren der Beklagten.

1. Der Kläger hat nach der Kostengrundentscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz im Beschluss vom 26.2.2015 die den Beklagten im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Allerdings besteht der Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur in dem Umfang, in dem den Beklagten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten entstanden sind.

a) Das Entstehen einer festsetzungsfähigen Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren setzt einen Auftrag zur Vertretung im Berufungsverfahren voraus (vgl. nur Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, VV 3200 Rn. 2 ff.), wobei insbesondere bei fehlender Berufungsbegründung bzw. einer Rechtsmitteleinlegung nur zur Fristwahrung eine konkludente Auftragserteilung grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 10). Dies entspricht offenbar auch der Auffassung der Beklagten, die lediglich darauf abstellen, die Auftragserteilung sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht streitig gewesen, weshalb der auf entsprechenden Vortrag gerichtete (und trotz des im Festsetzungsverfahren erklärten Verzichts auf "weiteres rechtliches Gehör" erteilte) Hinweis des Senats auf eine Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen hinauslaufe.

Hierbei übersehen die Beklagten indes das Vorbringen des Klägers. Dieser hat in den Schriftsätzen vom 5.5.2015, 21.5.2015 und 9.10.2015 jeweils ausdrücklich und unmissverständlich eine Auftragserteilung durch die Beklagten in Abrede gestellt, weshalb die Erforderlichkeit der von den Beklagten wegen ihres "Ermittlungscharakters" in Frage gestellten Hinweiserteilung eher unter dem Gesichtspunkt des Unstreitigwerdens eines fehlenden Auftrags zur Vertretung im Rechtsmittelver- fahren zu beurteilen ist.

Einen Auftrag haben die Beklagten indes nicht glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 17.11.2015 genügt hierfür nicht. Während schriftsätzlich vorgetragen wird, der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) habe telefonisch den Auftrag erteilt, "gegen die Berufung des Klägers sogleich vorzugehen", weist die vorgelegte schriftliche Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) eine hiervon signifikant abweichende Darstellung auf. In dieser wird lediglich bestätigt, der Prozessbevollmächtigte sei beauftragt worden, gegen die Berufung "vorzugehen, wie er es für richtig hält." Damit wird der Auftrag indes unter das Postulat der Notwendigkeit aus Sicht des Prozessbevollmächtigten gestellt. Ein Rechtsmittelgegner kann sich jedoch erst nach Vorliegen der Rechtsmittelbegründung mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf die Entscheidung der Vorinstanz sachlich auseinandersetzen und durch einen entsprechenden Gegenantrag sowie dessen Begründung das Verfahren fördern. Es ist - worauf der Bundesgerichtshof bereits mehrfach abgestellt hat - nicht ersichtlich, welche Prozessförderung von einem Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels ausgehen könnte, solange mangels einer Rechtsmittelbegründung eine sachgerechte Prüfung des Rechtsmittels nicht möglich ist. Bei nur zur Fristwahrung eingelegtem Rechtsmittel sind die Kosten eines gleichwohl beauftragten Anwalts nur deshalb erstattungsfähig, weil der Rechtsmittelgegner ...

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