Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit und Vollzug einer Umgangsvereinbarung
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 3; FGG § 33 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 22.03.2006; Aktenzeichen 9 F 138/05) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Bingen am Rhein vom 22.3.2006 abgeändert.
Der Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
2. Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt; ihm wird Rechtsanwältin S. in Bingen am Rhein beigeordnet.
Gründe
I. Die Parteien sind seit 1998 rechtskräftig geschiedene Eheleute und die Eltern des im Heim lebenden D. (geb. 13.4.1989) sowie der bei der Antragstellerin lebenden Kinder C. (geb. 6.12.1994) und S. (geb. 17.5.2001).
In der nicht öffentlichen Sitzung des AG vom 9.11.2005 (Protokoll Bl. 19 f. GA) schlossen die Parteien einen Vergleich (Umgangsvereinbarung) wie folgt:
"Der Antragsgegner verpflichtet sich, seine beiden minderjährigen Kinder S. und C. alle 14 Tage zu sich zu nehmen, und zwar C. von Samstag 16.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr und S. sonntags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr beginnend am 19.11.2005. (...)"
Die Antragstellerin verfolgt die "Wahrnehmung des geregelten Umgangsrechts" durch den Antragsgegner. Das AG hat mit Beschluss vom 13.1.2006 (Bl. 31 f. GA) dem Antragsgegner für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Vergleich vom 9.11.2005 die Festsetzung eines Zwangsgeldes i.H.v. 500 EUR angedroht; es hat dabei ausdrücklich die Umgangsregelung der Eltern gebilligt.
Zu einem Umgang des Antragsgegners mit den beiden minderjährigen Kindern ist es bisher erst an einem einzigen Wochenende gekommen.
Das AG hat mit Beschluss vom 22.3.2006 (Bl. 43 f. GA) gegen den Antragsgegner wegen Zuwiderhandlung gegen den Vergleich vom 9.11.2005 i.V.m. dem Beschluss vom 13.1.2006 ein Zwangsgeld i.H.v. 500 EUR festgesetzt und ihm zugleich die Kosten des Verfahrens auferlegt; hiergegen richtet sich die "sofortige Beschwerde" des Antragsgegners vom 7.4.2006 (Bl. 51 und 60 ff. GA).
II. Die gem. § 19 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Die - allerdings vom AG gebilligte und damit als Entscheidung übernommene (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 1196 f.; OLG Koblenz, Beschl. v. 5.10.1995 - 15 WF 968/95, FamRZ 1996, 560 f.) - Umgangsvereinbarung der Eltern vom 9.11.2005 stellt keine i.S.d. § 33 Abs. 1 S. 1 FGG vollzugsfähige gerichtliche Verfügung nach § 1684 Abs. 3 BGB dar. Denn der insofern vom Antragsgegner übernommenen Umgangsverpflichtung mangelt es an der hinreichenden Bestimmtheit und damit an einer unabdingbaren Voraussetzung für ihre zwangsweise Durchsetzung (vgl. OLG Zweibrücken v. 16.9.1983 - 6 WF 119/83, FamRZ 1984, 508 f.; OLG Brandenburg v. 19.12.1996 - 10 WF 83/96, NJW-RR 1997,899 f.; Bumiller/Winkler, FG, 8. Aufl. 2006, § 33 Rz. 5). Das an den Antragsgegner gerichtete Handlungsgebot ist lediglich in zeitlicher und wohl auch örtlicher Hinsicht konkretisiert; die weiteren Modalitäten der Umgangskontakte (Abholen oder Bringen?; Art und Weise der Abstimmung?; Ersatztagsregelung und damit korrespondierende Informationspflichten?, Ferien- und Urlaubsregelung?) bleiben indessen im Dunkeln. Gerade hierüber aber vermögen sich die Eltern - wie das Beschwerdevorbringen eindrücklich zeigt - nicht zu einigen. Sie werfen sich vielmehr wechselseitig die Vereitelung der Umgangskontakte vor; die Vermittlung der Verfahrensbevollmächtigten sowie auch ein Gespräch bei der weiteren Beteiligten blieben erfolglos.
Auf den entsprechenden rechtlichen Hinweis des Senats (Verfügung v. 28.7.2006, Bl. 86 GA) hat die Antragstellerin nichts erinnert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 S. 1 FGG, die Festsetzung des Wertes des Beschwerdeverfahrens auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 KostO.
Fundstellen
FamRZ 2007, 1682 |
FamRB 2007, 206 |
FK 2007, 100 |
OLGR-West 2007, 129 |
www.judicialis.de 2006 |