Leitsatz (amtlich)
Ein Versuch einer gütlichen Einigung nach § 802b ZPO liegt nicht vor, wenn der Schuldner objektiv für einen solchen Versuch nicht erreichbar ist. Die Gebühr nach Nrn. 208, 207 KV GvKostG kann in diesen Fällen nicht anfallen.
Normenkette
GKG § 66; GvKostG § 5; ZPO §§ 802a, 802b, 802f
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 29.05.2019; Aktenzeichen 5 T 41/19) |
AG Daun (Aktenzeichen 7 M 77/19) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 02. Juli 2019 gegen den Beschluss des Landgerichtes Trier vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Gläubigerin betreibt gegen die nicht am Verfahren beteiligte Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Sie hat zu diesem Zwecke die für die im Vollstreckungsauftrag genannte Adresse örtlich zuständige Obergerichtsvollzieherin mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt (Modul G1). Zugleich war die gütliche Einigung weder ausdrücklich ausgeschlossen (Modul E5) noch explizit beauftragt (Modul E1 - E4). Soweit die Schuldnerin ein Angebot für eine gütliche Einigung unterbreite, solle mit der Gläubigerin Rücksprache genommen werden. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 802 Abs. 1 ZPO war sodann die Einholung von Auskünften Dritter beauftragt (Modul M).
Nach Auskunft der im weiteren Beschwerdeverfahren angehörten Obergerichtsvollzieherin hat diese versucht, der Schuldnerin die Ladung zum Termin zur Abnahme der mündlichen Verhandlung persönlich zuzustellen. Sie musste vor Ort allerdings feststellen, dass die Schuldnerin unbekannt verzogen ist. Darauf sandte sie der Gläubigerin die Vollstreckungsunterlagen zurück und rechnete die Amtshandlung am 15. Januar 2019 wie folgt ab:
Kostenrechnung GvKostG (KV = Kostenverzeichnis)
Nicht erledigte Zustellung KV 600
3,00 EUR
Nicht erledigte Amtshandlung KV 604
15,00 EUR
Versuch gütliche Erledigung KV 208
8,00 EUR
Wegegeld KV 711 0 - 10 km
3,25 EUR
Auslagenpauschale KV 716
5,20 EUR
Summe
34,45 EUR
Hiergegen wandte sich die Gläubigerin mit ihrer Kostenansatzerinnerung nach § 5 Abs. 2 GvKostG vom 17. Januar 2019, soweit hierin eine Gebühr für die gütliche Erledigung nach Nr. 208 KV GvKostG angesetzt wurde. Da die Schuldnerin unbekannt verzogen sei, könne es zu keinem Versuch einer gütlichen Erledigung gekommen sein.
Die Obergerichtsvollzieherin hat der Erinnerung mit Verfügung vom 24. Januar 2019 nicht abgeholfen und sie dem zuständigen Amtsgericht vorgelegt. Ein Versuch einer gütlichen Einigung liege schon dann vor, wenn sich der Gerichtsvollzieher zu diesem Zwecke vor Ort begebe.
Das Amtsgericht hat darauf mit Beschluss vom 11. März 2019 die Obergerichtsvollzieherin angewiesen, die Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG und die darauf entfallende Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG abzusetzen. Zwar sei die Obergerichtsvollzieherin nach der Struktur von § 802a ZPO mit dem Versuch einer gütlichen Einigung beauftragt gewesen. Tatsächlich sei es aber nicht zum Versuch gekommen, da die Schuldnerin weder angetroffen worden sei noch ihr das Angebot auf eine gütliche Erledigung in anderer Weise übermittelt worden sei.
Hiergegen richtete sich die - vom Amtsgericht zugelassene - Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Trier als Vertreter der Staatskasse. Der Argumentation des Amtsgerichts stehe der Wille des Gesetzgebers entgegen, dem Gerichtsvollzieher jeden Aufwand mit dem Versuch einer gütlichen Einigung zu vergüten. Insoweit komme es weder auf eine Mitwirkung noch den Zugang oder eine Annahme des Angebotes des Einigungsangebotes an. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt.
Das Landgericht hat sich mit Beschluss vom 29. Mai 2019 dem Amtsgericht angeschlossen und die weitere Beschwerde zugelassen. Es liege ein Fall des unerledigten Versuchs vor, der die Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG nicht auslöse, was sich auf den Auslagenanteil nach Nr. 716 KV GvKostG auswirke. Erforderlich sei stets ein erfolgstauglicher Versuch, um die Gebühr anfallen zu lassen. Die Vorbereitungshandlung genüge demgegenüber nicht. Die Gesetzesbegründung stehe dem nicht entgegen. Dort werde lediglich ausgeführt, dass der Versuch der gütlichen Einigung stets eine Gebühr auslösen solle. Das beantworte aber nicht die Frage, wann ein solcher Versuch vorliege.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse vom 02. Juli 2019 mit dem Ziel, die Aufhebung der Vorentscheidungen und die Bestätigung des Kostenansatzes der Obergerichtsvollzieherin zu erreichen. Die Begründung der weiteren Beschwerde erschöpft sich weitgehend in dem Verweis auf die Gesetzesbegründung und die abweichende Entscheidung des OLG Braunschweig vom 30. Oktober 2018. Für die Erfolgstauglichkeit könne nicht auf eine ex-post-Betrachtung abgestellt werden. Entscheidend sei die ex-ante-Betrachtung des Gerichtsvollziehers.
Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die Obe...