Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufsrecht für Werkvertrag
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 01.09.2003; Aktenzeichen 4 O 171/03) |
Tenor
Der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 1.9.2003 wird aufgehoben.
Den Beklagten wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe uneingeschränkt bewilligt. Ihnen werden die Rechtsanwälte Th. und Partner, R.-Straße 28, C., beigeordnet.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin stellt Ausbauhäuser her. Am 11.11.2002 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Lieferung eines Ausbauhauses zu einem Gesamtpreis von 99.990 Euro incl. Fliesen- und Sanitärpaket. Nach der Anlage 4 zu dem Vertrag (Bl. 12 GA) war der Preis wie folgt zu zahlen:
5 % des in der Bestellung angegebenen Gesamtpreises 30 Tage nach Absendung der Auftragsbestätigung;
80 % nach Fertigstellung des Rohbaus, Auflegung der Dachpfannen und Einbau der Fenster sowie Hauseingangstür;
15 % nach Fertigstellung der beauftragten Leistung und Hausübergabe.
Mit einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 17.11.2002 erklärten die Beklagten, sie würden von dem Vertrag zurücktreten, weil ihnen nicht gesagt worden sei, dass noch zusätzliche Kosten für Türen und Sanitäranlagen auf sie zukommen würden. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 31.12.2002 (Bl. 41, 42 GA) haben die Beklagten ihre auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung ggü. der Klägerin widerrufen. Diese nimmt die Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Zahlung des um ersparte Aufwendungen verminderten Werklohns in Anspruch und verlangt einen Pauschalbetrag von 15 % = 12.929,79 Euro des vereinbarten Nettogesamtpreises.
Den zur Rechtsverteidigung gegen die Klage von den Beklagten gestellten Prozesskostenhilfeantrag hat das LG in dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, bei dem streitgegenständlichen Vertrag handele es sich nicht um einen Ratenlieferungsvertrag i.S.d. § 505 Abs. 1 Nr. 1 BGB, so dass den Beklagten ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB nicht zustehe. Auch könnten sich die Beklagten nicht auf eine Formnichtigkeit des Vertrages infolge fehlender notarieller Beurkundung berufen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Nach der vorgelegten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind die Beklagten nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Auch bietet ihre beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 114 ZPO).
Der Klägerin steht der geltend gemachte vertragliche Anspruch nicht zu, da der Vertrag durch den von den Beklagten erklärten Widerruf gegenstandslos geworden ist.
Zwar hat das LG richtig gesehen, dass den Beklagten kein Widerrufsrecht gem. §§ 505 Abs. 1, 355 BGB zusteht, da es sich bei dem in Rede stehenden Vertrag nicht um einen Ratenlieferungsvertrag i.S.d. § 505 Abs. 1 BGB handelt. Die darin enthaltenen Vertragstypen sind aus dem zwischenzeitlich nicht mehr in Kraft befindlichen § 2 VerbrKrG übernommen worden. Für § 2 Nr. 1 VerbrKrG, der § 505 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB entspricht, war anerkannt, dass er nicht für Werkverträge gilt (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 2 Rz. 4). Entsprechendes gilt somit auch für die Verträge gem. § 505 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB. Bei einem Fertighausvertrag mit Errichtungsverpflichtung des Veräußerers liegt regelmäßig ein reiner Werkvertrag vor, da in einem solchen Fall wie bei einem Bauvertrag über ein konventionelles Haus die für den Werkvertrag typische Schöpfung eines Werkes für den Besteller im Mittelpunkt der vertraglichen Beziehungen steht. Dem Bauherrn kommt es neben der Lieferung der vorgefertigten Teile in erster Linie auf die Errichtung des Bauwerks an, bei der es sich um das wesentliche, die Rechtsnatur des Fertighausvertrages prägende Merkmal handelt (BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 302/82, BGHZ 87, 112 = MDR 1983, 656). Diese Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Ausbauhausvertrag.
Allerdings hat das LG übersehen, dass den Beklagten ein Widerrufsrecht gem. §§ 501, 495 Abs. 1, 355 BGB zustand, da es sich bei dem in Rede stehenden Vertrag um ein Teilzahlungsgeschäft i.S.d. § 501 BGB gehandelt hat.
Das Teilzahlungsgeschäft ist in § 499 Abs. 2 BGB legal definiert als Vertrag, der die Lieferung einer bestimmten Sache (i.d.R. Kauf) oder das Erbringen einer bestimmten anderen Leistung (i.d.R. Werkvertrag oder Dienstvertrag) gegen Teilzahlungen (Raten) zum Gegenstand hat (Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl., Vorbem. vor § 499 Rz. 4). Ein Teilzahlungsgeschäft ist mithin ein Kauf-, Werk-(lieferungs-) oder Dienstvertrag, bei dem ein Unternehmer (§ 14 BGB) und ein Verbraucher (§ 13 BGB) als Käufer, Besteller oder Vertragspartner sind, wobei die Vergütung (insb. Kaufpreis, Werklohn) in Teilbeträgen (Raten) fällig gestellt ist.
Begrifflich muss außer einer erste...