Entscheidungsstichwort (Thema)

sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen. Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 26.03.1999; Aktenzeichen 7 StVK 105/99)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 26. März 1999 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil der Jugendkammer … – als Jugendschutzkammer – des Landgerichts Trier vom 5. Dezember 1994 wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen – seiner leiblichen Tochter S. – in 48 Fällen, davon in 32 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in 11 Fällen mit Beischlaf zwischen Verwandten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe verbüßt er derzeit in der Justizvollzugsanstalt … Zwei Drittel der Strafe waren am 3. Dezember 1997 vollstreckt; das Strafende ist auf den 4. September 1999 vorgemerkt.

Mit Beschlüssen vom 21. Oktober 1997 und vom 23. Juni 1998 lehnte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez eine bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Strafe ab. Seine dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden verwarf der erkennende Senat am 20. Januar 1998 (2 Ws 764/97) sowie am 24. August 1998 (2 Ws 571/98) jeweils als unbegründet, weil seiner Überzeugung nach eine bedingte Entlassung des Verurteilten unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit noch nicht zu verantworten war (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Mit Beschluss vom 26. März 1999 hat die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung erneut abgelehnt und die Stellung eines dahingehenden Antrags vor Strafende für unzulässig erklärt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten, mit der er das Ziel einer vorzeitigen Entlassung aus dem Strafvollzug weiterverfolgt.

Das Rechtsmittel ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht angebracht. In der Sache hat es jedoch keinen Erfolg. In Übereinstimmung mit der Strafvollstreckungskammer ist der Senat der Auffassung, dass eine bedingte Entlassung des Verurteilten unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nach wie vor nicht verantwortbar ist. Auch nach der Neufassung des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB ist ein mit jeder bedingten Entlassung mehr oder weniger verbundenes Restrisiko zwar grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BVerfG in NStZ 1998, 590; OLG Bamberg in NStZ 1998, 592). An dessen Verantwortbarkeit sind jedoch um so höhere Anforderungen zu stellen, je gewichtiger das bei einem Rückfall bedrohte Rechtsgut einzustufen ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 57 Rdnr. 6; OLG Hamm in NStZ 1998, 376). Der Verurteilte hat sich – wie das Urteil des Landgerichts Trier vom 5. Dezember 1994 ausweist – einer Serie schwerwiegender Sexualstraftaten schuldig gemacht. Diese und die Entwicklung des Verurteilten im Vollzug ließen – wie der Senat in seinen vorgenannten Beschwerdeentscheidungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, dargelegt hat – das mit einer vorzeitigen Entlassung verbundene Risiko in der Vergangenheit als unvertretbar hoch erscheinen. Hieran hat sich auch in der Folgezeit substantiell nichts geändert. Die Justizvollzugsanstalt ist in ihrer Stellungnahme vom 11. Februar 1999 zwar – wie schon zuvor – von einer günstigen Prognose ausgegangen. Mit der von dem Senat in den Beschwerdeentscheidungen angesprochenen und fortbestehenden Problematik, dass die bisher dort durchgeführten Therapiemaßnahmen noch nicht zu einer genügend verlässlichen Aufarbeitung der Entwicklungs- und Persönlichkeitsdefizite des Verurteilten geführt haben, hat sie sich indes nicht auseinandergesetzt. Wenn eine günstige Veränderung der Verhältnisse auch insoweit eingetreten ist, als dem Verurteilten zwischenzeitlich die Eignung zum offenen Vollzug zuerkannt wurde und er sich seit dem 15. Februar 1999 – offenbar ohne Beanstandungen – im Freigängerhaus befindet, sieht der Senat diese Zeitspanne in Übereinstimmung mit der Strafvollstreckungskammer angesichts des Gewichts der bei einem Rückfall drohenden Gefahren als zu knapp an, als dass sie das Aussetzungsrisiko schon jetzt maßgeblich herabzusetzen vermöchte.

Das Beschwerdevorbringen gibt zu anderer Bewertung keinen Anlass. Entgegen der Behauptung des Verurteilten hat die Staatsanwaltschaft Trier keine günstige Prognose gestellt, sondern eine bedingte Entlassung lediglich ohne weitere Ausführungen „anheimgestellt”. Zu der positiven Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ist auf die vorausgegangenen Ausführungen zu verweisen. Insbesondere vermag der Senat einen Widerspruch zu der von dem Beschwerdeführer zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu erkennen. Danach darf ein Vollstreckungsgericht die Ablehnung einer bedingten Entlassung zwar dann nicht mit fehlenden Vollzugslockerungen begründen, wenn diese i...

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