Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 06.04.2010)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen den Beschluss der 9. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. April 2010 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I. 1. Die Staatsanwaltschaft Koblenz legt dem Angeklagten zur Last, in fünf Fällen mit anderen die Begehung eines banden- und gewerbsmäßigen Betruges (sog. Trufa) verabredet und in der Zeit vom 4. bis zum 10. August 2009 eine andere Person wider besseres Wissen falsch verdächtigt zu haben.

Hintergrund der dem Angeklagten zur Last gelegten falschen Verdächtigung ist folgender Sachverhalt: Der Angeklagte ist in dem von der Staatsanwaltschaft Koblenz geführten Verfahren 2090 Js 72229/08 angeklagt, gemeinsam mit anderen Personen die Begehung eines banden- und gewerbsmäßigen Betruges zum Nachteil des Zeugen B. verabredet zu haben. Der Angeklagte wurde zwischenzeitlich wegen dieser Tat durch Urteil der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Oktober 2009 verurteilt (nicht rechtskräftig). Am 4. August 2009 erschien der zu diesem Zeitpunkt noch auf freiem Fuß befindliche Angeklagte bei der Polizei in H. und teilte mit, er wolle sich einlassen. Am 5. August 2009 teilte er gegenüber dem Polizeibeamten L. mit, er habe Angst vor einem gewissen G., der an der ihm, dem Angeklagten, vorgeworfenen Tat zum Nachteil des Zeugen B. beteiligt gewesen sei. Diese Behauptung hielt er in einer weiteren Vernehmung vom 10. August 2009 gegenüber dem Zeugen L. aufrecht. Die Vernehmungsniederschriften wurden mit Schreiben vom 18. August 2009 an die in dieser Sache ermittelnde Polizeiinspektion N. übersandt. Das Ermittlungsverfahren wurde in der Folgezeit auch auf den durch die Angaben des Angeklagten beschuldigten G. erstreckt und eine Durchsuchung seiner Wohnung durchgeführt; die weiteren Ermittlungen führten jedoch nicht zum Nachweis seiner Beteiligung an der Verbrechensverabredung zum Nachteil des Zeugen B., so dass das Ermittlungsverfahren gegen ihn am 13. Januar 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde.

2. Mit Anklageschrift vom 14. Januar 2010 hat die Staatsanwaltschaft Koblenz den Angeklagten wegen der hier in Rede stehenden Delikte bei der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz angeklagt. Unter dem 20. Januar 2010 teilte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Kammer mit, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz als Gerichtsstand des Tatorts aus der dem Angeklagten zur Last gelegten falschen Verdächtigung ergebe. Der Erfolg dieser Tat im Sinne von § 9 StGB sei bei der Staatsanwaltschaft Koblenz eingetreten, weil bei dieser ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der Verbrechensverabredung zum Nachteil des Zeugen B. anhängig gewesen sei und die Vernehmungsniederschriften mit der enthaltenen Verdächtigung zu diesem Verfahren übersandt worden seien, welches dann auf G. erstreckt worden sei. Zuständiger Amtsträger zur Verfolgung der dem G. zur Last gelegten Tat sei die Staatsanwaltschaft Koblenz gewesen. Durch Beschluss vom 3. März 2010 hat die 9. Strafkammer des Landgerichts Koblenz die Anklage zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und Haftfortdauer angeordnet. Mit Schriftsatz vom 27. März 2010 hat der Angeklagte die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz rügen lassen und Verweisung an das Landgericht Hamburg beantragt.

3. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 6. April 2010 hat das Landgericht das Verfahren gemäß § 206a StPO eingestellt und den Haftbefehl aufgehoben. Es fehle an der Verfahrensvoraussetzung der örtlichen Zuständigkeit, deren Rüge nach Eröffnung des Hauptverfahrens zu beachten gewesen sei. Die Voraussetzungen der §§ 8 und 9 StPO lägen nicht vor, da Wohn-, Aufenthalts- und Ergreifungsort jeweils Hamburg sei. Auch der Gerichtsstand des Tatorts gemäß § 7 StPO sei nicht eröffnet. Die angeklagten Taten der Verbrechensverabredung wiesen durchweg keinen Bezug zum Bezirk des Landgerichts Koblenz auf: Weder hätten sich die Wohn- oder Geschäftssitze der in Aussicht genommenen Geschädigten noch die Wohnorte der vermeintlichen Täter im Bezirk des Landgerichts Koblenz befunden; dort seien auch keine Tathandlungen vorgenommen worden. Auch die dem Angeklagten zur Last gelegte falsche Verdächtigung sei in H. begangen worden. Diese Tat sei durch den Abschluss der polizeilichen Vernehmung in H. bereits vollendet gewesen, bevor die Staatsanwaltschaft Koblenz Kenntnis von ihrer Begehung erlangt habe. Der Erfolgsort im Sinne des § 9 StGB sei H., weil der Angeklagte dort gehandelt habe und weil seine falsche Verdächtigung einem dort zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger zugegangen sei. Darauf, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen gegen G. durchgeführt habe, komme es nicht an.

Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Koblenz unter dem 9. April 2010 sofortige Beschwerde eingeleg...

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