Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen einer erhobenen Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO ist der Einwand der Verwirkung zu berücksichtigen, da der Verwirkung grundsätzlich alle subjektive Rechte unterliegen, auch rechtskräftig festgestellte (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 22.02.1952 - I ZR 117/51 - BGHZ 5, 189 ff., zitiert nach juris Rn. 35).
2. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 20.07.2010 - EnzR 23/09 - NJW 2011. 212, 213, zitiert nach beckonline Rn. 20; Urteil vom 15.09.2010 - XII ZR 148/09 - NJW 2010, 3714, 3715, zitiert nach beckonline Rn. 23; Urteil vom 23.01.2014 - VII ZR 177/13 - NJW 2014, 1230, 1231 zitiert nach beckonline Rn. 13; Urteil vom 09.10.2013 - XII ZR 59/12 - WM 2014, 82 ff., zitiert nach juris Rn. 11).
3. Eine Verwirkung der Geltendmachung eines titulierten Anspruchs - Versäumnisurteil - ist nicht bereits deshalb anzunehmen, weil der Gläubiger 22 Jahre gewartet hat, um den Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen und der Gläubiger nachvollziehbare Gründe darlegt, warum eine Durchsetzung des titulierten Anspruchs - hier häufiger Wohnortwechsel der Schuldnerin - nicht früher möglich war und die Schuldnerin deshalb nicht darauf vertrauen durfte, dass der Gläubiger auf etwaige Vollstreckungsmaßnahmen aus einem im Jahre 1994 ergangenen Titel verzichten werde.
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2, § 767
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 11 O 127/17) |
Tenor
1. Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 31. Januar 2018 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, soweit nicht bereits durch Teil-Anerkenntnisurteil des Senats entschieden wurde.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit auf den Hinweisbeschluss bis zum 25. Mai 2018 Stellung zu nehmen.
3. Der Senat regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Bei Beendigung des Verfahrens durch Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gebühren für das gerichtliche Verfahren nach Ziff. 1213 der Anlage 1 zum GKG regelmäßig von 4,0 auf 2,0 Gebühren.
Gründe
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
1) Das Landgericht hat zu Recht das klageabweisende Versäumnisurteil vom 22.11.2017 (Bl. 34 f. d. A.) aufrechterhalten und ausgeführt, dass der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Trier vom 16.12.1994 - nicht der Einwand der Verwirkung entgegenstehe.
2) Hiergegen wendet sich die Klägerin - mit Ausnahme des mit dem Versäumnisurteil des Landgerichts vom 16.12.1994 - 11 O 13/94 - titulierten Zinsanspruchs bis zum 31.12.2014 - ohne Erfolg mit dem Antrag, unter Abänderung des am 02.02.2018 zugestellten Urteils des Landgerichts Trier - 11. Zivilkammer - vom 31.01.2018 - 11 O 127/17 - das Versäumnisurteil vom 22.11.2017 aufzuheben und
1. die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Trier vom 16.12.1994 - 11 O 13/94 - für unzulässig zu erklären;
2. die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils des Landgerichts Trier vom 16.12.1994 - 11 O 13/94 - an die Klägerin herauszugeben.
3 a) Zutreffend führt das Landgericht aus, dass auch im Rahmen einer erhobenen Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO der Einwand der Verwirkung zu berücksichtigen sei, da der Verwirkung grundsätzlich alle subjektive Rechte unterliegen, auch rechtskräftig festgestellte (BGH, Urteil vom 22.02.1952 - I ZR 117/51 - BGHZ 5, 189 ff., zitiert nach juris Rn. 35).
b) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahme...