Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines nicht geschuldeten Erstattungsbetrages als Verzicht auf die geschuldete Erstattung
Leitsatz (amtlich)
1. Erreicht eine Partei die Festsetzung ihrer nicht erstattungsfähigen Verkehrs- anwaltskosten durch die Erklärung, bei antragsgemäßer Entscheidung verzichte sie auf die Erstattung der höheren Kosten des Hauptbevoll- mächtigten, kann das darin liegende Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages dadurch an den Erstattungspflichtigen übermittelt werden, dass der Rechtspfleger unter Hinweis auf den Verzicht die eigentlich nicht zu erstattenden Verkehrsanwaltskosten festsetzt.
2. Die Annahme des Erlassangebotes kann in einem derartigen Fall darin gesehen werden, dass der Erstattungspflichtige davon absieht, die fehlerhafte Festsetzung von Verkehrsanwaltskosten mit einem Rechtsmittel anzugreifen.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104, 106; BGB §§ 133, 151, 157, 397 Abs. 1; RVG-VV Nr. 3400
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 02.04.2012; Aktenzeichen 1 O 288/10) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den (eine weitere Kostenfestsetzung ablehnenden) Beschluss des LG Mainz vom 2.4.2012 wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 6.980,54 EUR.
Gründe
Die vier in Hamburg wohnhaften Kläger hatten für den Urkundenprozess beim LG Mainz Hauptbevollmächtigte mit Kanzleisitz in Düsseldorf beauftragt. Nachdem der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden waren, beantragten die Kläger, die Kosten ihres Hamburger Verkehrsanwalts gegen die Beklagte festzusetzen (3400 VV - RVG). Bei dem angeblichen Verkehrsanwalt handelt es sich um den Kläger zu 1). Die Beklagte erwiderte, sie bestreite, dass der Kläger zu 1) als Verkehrsanwalt für die Kläger tätig gewesen sei; Verkehrsanwaltskosten seien jedenfalls nicht erstattungsfähig.
In einem Telefongespräch teilte der Kläger zu 1) der Rechtspflegerin am 15.9.2011 mit, die Kosten der Düsseldorfer Hauptbevollmächtigten würden nicht geltend gemacht. Daraufhin setzte die Rechtspflegerin durch Beschluss vom selben Tag die Verkehrsanwaltskosten von 6.980,54 EUR fest und führte zur Begründung aus, derartige Kosten seien zwar nicht erstattungsfähig, im vorliegenden Fall jedoch gleichwohl festzusetzen, weil die Kläger bindend erklärt hätten, die weitaus höheren Kosten der Düsseldorfer Hauptbevollmächtigten nicht geltend zu machen. Die Beklagte sei daher durch die Festsetzung der Verkehrsanwaltskosten nicht benachteiligt.
Diese Entscheidung wurde von der Beklagten nicht angefochten.
Nach Rechtskraft des Beschlusses vom 15.9.2011 beantragten die Kläger die Festsetzung der Gebühren und Auslagen ihrer Düsseldorfer Hauptbevoll- mächtigten. Dem hat die Rechtspflegerin durch den angefochtenen Beschluss vom 2.4.2012 nur zu einem Teilbetrag von 2.087,02 EUR entsprochen und den ablehnenden Teil ihrer Entscheidung damit begründet, der Kläger zu 1) habe nur durch die Erklärung, Kosten der Düsseldorfer Hauptbevollmächtigten nicht geltend zu machen, die Festsetzung der Verkehrsanwaltskosten von 6.980,54 EUR erreicht. Der bereits festgesetzte Betrag sei daher von den berechtigten Kosten der Hauptbevollmächtigten in Abzug zu bringen.
Das bekämpft die sofortige Beschwerde der Kläger im Ergebnis ohne Erfolg.
Allerdings ist den Klägern im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass durch den ersten Beschluss Verkehrsanwaltskosten rechtskräftig festgesetzt sind, so dass sich weder die erstattungspflichtige Beklagte noch die Rechtspflegerin mit Erfolg darauf berufen können, diese Entscheidung sei falsch und aus diesem Grund durch den im zweiten Beschluss vorgenommenen Abzug zu korrigieren. Dass der Streit- gegenstandsbegriff im Kostenfestsetzungsverfahren mit dem des allgemeinen Erkenntnisverfahrens identisch ist, hat der Senat bereits entschieden (Beschluss vom 23.09.2011 - 14 W 543/11). Auf die in MDR 2011, 1323 -1324 = JurBüro 2012, 30 - 31 = FamRZ 2012, 323 - 324 = Rpfleger 2012, 177-178 = NJW-RR 2012, 447 - 448 abgedruckten Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hätte die Rechtspflegerin hier davon absehen müssen, Verkehrsanwaltskosten festzusetzen, die möglicherweise gar nicht entstanden, jedenfalls aber ganz offensichtlich nicht erstattungsfähig waren, was die Rechtspflegerin ausweislich der Begründung des Beschlusses vom 15.9.2011 auch erkannt hatte. Allerdings belegen ihre weiteren Erwägungen in den Entscheidungsgründen, dass der Sache nach nur die (seinerzeit allein angemeldeteten) Verkehrsanwaltskosten und nicht etwa die damals noch nicht zur gerichtlichen Entscheidung stehenden Kosten der Düsseldorfer Hauptbevoll- mächtigten festgesetzt sind.
Gleichwohl hat die angefochtene Entscheidung Bestand. Der Kläger zu 1) ist Rechtsanwalt; Tragweite und Rechtsfolgen von Willenserklärungen sind ihm bekannt. Indem er die telefonisch mitgeteilten Bedenken der Rechtspflegerin gegen die Festsetzung der Verkehrsanwaltskosten mit dem Hinweis zerstreute, im Gegenz...