Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses fallen grundsätzlich dem Nachlass zur Last; etwas anderes - also Kostentagungspflicht des Auskunftsberechtigten - gilt hingegen bei Dürftigkeit des Nachlasses, wobei den Nachweis der Dürftigkeit hierbei der Erbe zu führen hat.

2. Dieser Dürftigkeitsnachweis ist nicht erbracht, wenn der Auskunftspflichtige zum Nachlass zählende (Darlehens-)Rückzahlungsansprüche darlegt und es dem Erben nicht gelingt, deren Erfüllung darzulegen und zu beweisen.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 5 O 342/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 03.11.2021, Aktenzeichen 5 O 342/19, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Auf den Hilfsantrag wird die Beklagte verurteilt der Klägerin Auskunft zu erteilen, durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses in Anwesenheit der Klägerin und ihres Rechtsanwaltes, so dass Auskunft zu erteilen ist,

  • insbesondere über den Bestand des Nachlasses des am 28.05.2018 verstorbenen Erblassers T., geb. am ..., mit dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Alzey, so dass die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vollständig geordnet ist und zwar in Aktiva, wie insbesondere Immobilien, Sachen, Gesellschaftsbeteiligungen, Forderungen, und Passiva unterteilt ist;
  • über alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen (§ 2325 BGB), also insbesondere Schenkungen, gemischte Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat;
  • über Lebensversicherungen, einschließlich der gezahlten Prämien und sonstiger Verträge zugunsten Dritter unter Angabe des Zuwendungsvollzugs und der Zuwendungsempfänge sowie der Erlass von Forderungen nach § 397 BGB;
  • die beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Gegenstände und Forderungen;
  • alle Nachlassverbindlichkeiten;
  • alle unentgeltlichen Zuwendungen, Schenkungen, auch Pflicht- und Anstandsschenkungen sowie gemischte Schenkungen des Erblassers an Dritte, wie auch an die Erbin, innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Tod des Erblassers und auch an die Beklagte, insbesondere, selbst wenn die Schenkungen unter Vorbehalt eines teilweisen oder vollständigen Nutzungsvorbehaltes (wie z.B. Nießbrauch, Wohnungsrecht, offene oder verdeckte Treuhand u.ä.) erfolgt sind;
  • alle Zuwendungen, die nach §§ 2050 BGB ff., 2316 BGB ausgleichspflichtig sein können.

2. Im übrigen wird die Stufenklage auf der ersten Stufe abgewiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin beschränkt sich darauf, dass die ihr in dem angefochtenen Teilurteil auferlegte Vorauszahlungspflicht gestrichen werden soll, also das landgerichtliche Teilurteil mit Ausnahme der in der Einleitung des Tenors zu 1. aufgenommenen Formulierungen "das auf Kosten der Klägerin zu erstellen ist", bzw. "gegen Vorauszahlung der hierfür voraussichtlich anfallenden Kosten des notariellen Nachlassverzeichnisses durch die Klägerin" Bestand haben soll.

Dieses mit der Berufung verfolgte Begehren der Klägerin ist erfolgreich.

Gemäß § 2314 Abs. 2 BGB fallen die Kosten der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses dem Nachlass zur Last. Unter dem Begriff Kosten werden hierbei Gebühren, notwendige Reise- und Aufenthaltskosten des Auskunftspflichtigen bzw. des anwesenden Auskunftsberechtigten oder seines Beistandes, der Wertermittlung und der amtlichen Aufnahme erfasst (Grüneberg-Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2314 Rndr. 18). Etwas anderes gilt hingegen bei Dürftigkeit des Nachlasses. Sollte der Nachlass dürftig sein, hat der Berechtigte die Kosten für die Erstellung des notariellen Verzeichnisses zu tragen (Grüneberg-Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2314 Rndr. 18). Den Nachweis der Dürftigkeit hat hierbei der Erbe zu führen (BGH IV a ZR 29/81, Urteil vom 10.11.1982, juris = NJW 1983, 1485).

Anders als das Landgericht sieht der Senat den Beweis der Dürftigkeit des Nachlasses durch die Beklagte als nicht geführt an.

Der Beklagten ist es weder gelungen zu beweisen, dass das Darlehen zu Gunsten ihrer Tochter S. aus dem Darlehensvertrag vom 15.10.2005 (Anlage K 35) in Höhe von 65.000 EUR tatsächlich von deren Vater, Herrn W. vollständig oder zumindest teilweise zurückgeführt worden ist und somit "dem Nachlass" nicht doch noch ein entsprechender Zahlungsanspruch gegen S. zusteht, noch, dass der Verkaufserlös für die Wohnung in Sa. nicht doch dem Erblasser zugeflossen ist und noch auf einem zur Erbmasse zählenden Konto vorhanden ist oder zumindest (vergleichbar mit der Situation bei dem Darlehen zu Gunsten von S.) ein Herausgabe-/Rückzahlungsanspruch am Kaufpreis besteht, der den Nachlass ebenfalls werthaltig machen würde (wird nunmehr im einzelnen ausgeführt).

Die Klägerin hat durchgängig in Abrede gestellt (siehe unter anderem Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 09.04.2020 und vom 18.09.2020), das...

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