Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 5 O 243/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 17.02.2021, Az. 5 O 243/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1. genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Kauf eines Fahrzeugs der Marke ...[A] ... in Anspruch. Sie erwarb dieses von der Beklagten produzierte Fahrzeug am 09.03.2018 bei der Beklagten als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 28.491,20 EUR.

Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten Motor vom Typ EA 288 ausgestattet, dessen Schadstoffausstoß der Euro-6-Norm entsprechen soll. Das Vorgängermodell dieser Baureihe, der Motortyp EA 189, war mit einer Software ausgestattet gewesen, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und die in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxidoptimierten Modus, schaltet. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist.

Am 22.09.2015 gab die Beklagte eine Ad-Hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG sowie eine gleichlautende Presseerklärung heraus, wonach sie mit Hochdruck die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Dieselmotoren vorantreibe und daran arbeite, die bei Fahrzeugen mit Motoren vom Typ EA 189 festgestellte auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb mit technischen Maßnahmen zu beseitigen; dabei stehe das Unternehmen in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA).

Durch bestandskräftig gewordenen Bescheid ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Oktober 2015 an, die Software des Motortyps EA 189 als "unzulässige Abschalteinrichtung" zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Emissionen zu ergreifen. Andernfalls drohe der Widerruf oder die Rücknahme der Typgenehmigung.

Die nach Bekanntwerden dieses sog. Dieselskandals eingesetzte Untersuchungskommission des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wies zur Klärung, ob Fahrzeuge des ...[A]-Konzerns mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen wären, das KBA an, spezifische Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen. In dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission "...[A]", Stand April 2016, heißt es auf S. 12 auszugsweise:

"Hinweise, die aktuell laufende Produktion der Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 288 seien ebenfalls von Abgasmanipulationen betroffen, haben sich hierbei auf Grundlage der Überprüfungen als unbegründet erwiesen."

Das KBA hat bislang keinen verpflichtenden Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betreffend den Motortyp der Baureihe EA 288 angeordnet. Mit Schreiben vom 19.11.2018 wurde der Beklagten vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) vielmehr bescheinigt, dass unzulässige Abschalteinrichtungen nicht festgestellt worden seien. Zudem wurde die Umrüstung der sich im Verkehr befindlichen Fahrzeuge freigegeben.

Die Klägerin hat behauptet, ihr Fahrzeug sei vom sogenannten Abgasskandal betroffen. In dem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen bzw. -software (Thermofenster, Emissionsstrategie, Lenkwinkelerkennung, Ad Blue, Manipulationen an dem Onboard-Diagnosesystem (OBD), Temperaturerkennung und Zeiterfassung) verbaut. Das Software-Update beseitige den Sachmangel nicht. Zudem sei derzeit nicht bekannt, welche Folgeschäden das Software-Update mit sich bringe. Es bestehe insbesondere die Gefahr des Eintritts eines Motorschadens, eines erhöhten Kraftstoffverbrauchs, der Verhängung von Fahrverboten und der Nachzahlung von Kraftfahrzeugsteuern. Es sei mit einem Rückruf durch das KBA zu rechnen. Hierin liege ein vorsätzlicher Verstoß gegen die guten Sitten. Die Beklagte habe arglistig gehandelt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs ...[A] AG ... mit der Fahrgestellnummer ... durch die Beklagte herrühren,

hilfsweise festzustellen das die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu leisten für Schäden die aus der Manipulation des Fahrzeugs ... mit der Fahrgestellnummer ... aufgrund dessen herrühren, dass di...

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