Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit nach EuGVVO

 

Normenkette

EuGVVO Art. 5 Nr. 1, Art. 66 Abs. 1, 2a

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 3 O 10/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.10.2008; Aktenzeichen III ZR 253/07)

 

Tenor

Das Versäumntsurteil des Senats vom 29.6.2007 wird aufrecht erhalten.

Die Entscheidung über die durch den Einspruch der Beklagten veranlassten weiteren Kosten des Berufungsverfahrens wird ebenfalls dem LG übertragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die ebenso wie die in England ansässige Beklagte in der Tourismusbranche tätige Klägerin hat die Beklagte mit der Klage auf Zahlung von 40.119,15 DM nebst Zinsen für Werbemaßnahmen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und die Klägerin auf Rückzahlung von angeblich zuviel gezahlten 27.178,20 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Obwohl das LG in einem Beschluss vom 16.11.2005 auf einen einheitlichen Gerichtsstand in Mainz für Klage und Widerklage hinwies, hat es die Klage als unzulässig und die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Es hat seine örtliche Zuständigkeit für die Klage verneint und die Auffassung vertreten, über Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ, Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB und die §§ 270 Abs. 4, 269 BGB sei ein Gerichtsstand für die Klageforderung nur in England begründet. Ein einheitlicher Gerichtsstand für Klage und Widerklage in Deutschland sei über Art. 2 Abs. 1, 5 Nr. 1, 6 Nr. 3 EuGVÜ nicht gegeben.

Mit der Berufung richtet sich die Klägerin gegen die Klageabweisung. Gegen die Abweisung der Widerklage ist keine Berufung eingelegt worden.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zunächst beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.512,60 EUR (= 40.449,15 DM) nebst 5 % Zinsen seit dem 3.4.1998 zu zahlen;

2. das angefochtene Urteil, soweit es über die Klage entschieden hat, aufzuheben und das Verfahren insoweit an das LG zurückzuverweisen.

Durch Versäumnisurteil vom 29.6.2007 hat der Senat das landgerichtliche Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben, soweit darin über die Klage entschieden worden ist. Insoweit hat er das Verfahren zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das LG Mainz zurückverwiesen. Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil des Senats aufrecht zu erhalten und den Einspruch der Beklagten zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Senats aufzuheben und die Berufung zurückzuverweisen.

II. Das Versäumnisurteil des Senats vom 29.6.2007 ist aufrecht zu erhalten, da die zulässige Berufung der Klägerin einen vorläufigen Erfolg hat.

Die Klageabweisung als unzulässig wegen örtlicher Unzuständigkeit beruht auf einem Verfahrensfehler des LG.

Zwar hat das LG die örtliche Zuständigkeit für die Klage mit richtiger Begründung verneint. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet.

Daran ändert nichts, dass zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung gem. Art. 5 Nr. 1 EuGVVO die Zuständigkeit des LG Mainz gegeben war und ein Urteil des LG Mainz auch gem. § 66 Abs. 2a EuGVVO anerkennungs- und vollstreckungsfähig gewesen wäre. Indes kann sich die Klägerin hinsichtlich der Zuständigkeit des LG nicht auf Art. 5 Nr. 1 EuGVVO berufen, da Art. 66 Abs. 1 EuGVVO ausdrücklich klarstellt, dass die Vorschriften dieser Verordnung nur auf solche Klagen anzuwenden sind, die erhoben worden sind, nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist. Bei Erhebung der vorliegenden Klage war die Verordnung noch nicht in Kraft. Die unmissverständliche Überleitungsvorschrift des Art. 66 Abs. 1 EuGVVO verbietet ein Abstellen auf den Schluss der mündlichen Verhandlung. Darauf stellt die Vorschrift gerade nicht ab.

Auch ist nicht zu beanstanden, dass das LG für die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen der Parteien von zwei verschiedenen Erfüllungsorten ausgegangen ist. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des BGH (NJW 2004, 54 und NJW-RR 2004, 932; Bl. 211 GA) geben keine Veranlassung zur Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes Mainz.

Weiterhin kann die Zuständigkeit nicht aus einer rügelosen Einlassung der Beklagten hergeleitet werden. Sie hat die Zuständigkeitsrüge mit der Erhebung der Widerklage ausdrücklich aufrechterhalten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass dies Treu und Glauben widersprechen soll. Der Beklagten muss es unbenommen bleiben, sich trotz Widerklage gegen die Klage mit der Zuständigkeitsrüge zu verteidigen.

Allerdings hätte das LG die Klage nicht ohne einen vorherigen Hinweis auf die Unzuständigkeit als unzulässig abweisen dürfen. Dann darin liegt eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung, die einen Verfahrensfehler begründet, auf dem das Urteil auch beruht.

Das LG hat in...

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