Leitsatz (amtlich)
1. Sind auf einer Landstraße über mehrere Kilometer ein langsam fahrender Pkw, ein nachfolgender Pkw und zwei nachfolgende Motorräder in einer Kolonnensituation unterwegs, da aufgrund der Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkung und Überholverbot keine Möglichkeit zum Überholen besteht, und biegt die gesamte Kolonne auf eine abzweigende Landstraße ab, auf welcher sich schon nach wenigen Metern eine solche Überholmöglichkeit eröffnet, ist aus Sicht der nachfolgenden Motorradfahrer von einer unklaren Verkehrslage (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO) auszugehen, da sie damit rechnen müssen, dass der vorausfahrende Pkw die nächste sich ergebende Möglichkeit nutzen wird, um das am Kopf der Kolonne fahrende Fahrzeug zu überholen.
2. Erleidet der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall, in Folge dessen er 12 Tage in stationärer Behandlung und anschließend für ca. 3,5 Monate nicht arbeitsfähig ist, unter anderem eine Fraktur des Arcus vertebrae HWK 6 rechts, eine Fraktur des Processus transversus HWK 7 rechts, Lungenkontusion rechts basal, eine Deckplattenimpressionsfraktur LWK 1 sowie eine dislozierte Oberschenkelfraktur links am Übergang mittleres distales Drittel, die sein Gangbild noch ein Jahr später verändert, Taubheitsgefühle an der linken Fußsohle sowie streckseitig am rechten Daumen und Zeigefinger sowie im Unterarm bis zum körpernahen Drittel des rechten Unterarms reichend, sowie eine langdauernde herabgesetzte Belastbarkeit mit dezenter Muskelatrophie am linken Oberschenkel und verminderter Kraft des linken Beines, ist bei einer anspruchsmindernden Mithaftung in Höhe von 1/3 ein Schmerzensgeld von 27.500 EUR als angemessen anzusehen.
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 11 O 267/18) |
Tenor
1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 20.05.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 19.121,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 464,10 EUR jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.09.2018 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche aus dem Verkehrsunfall vom 07.05.2016, an dem der Beklage zu 1. und der Kläger beteiligt waren, resultierenden in Zukunft entstehenden materiellen und immateriellen Schäden, erstere, soweit entsprechende Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind, zu erstatten; dies unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils des Klägers von 1/3.
3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3) Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 4/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 6/10.
4) Dieses Urteil und das angegriffene Urteil des Landgerichts Trier sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Mit seiner Klage macht der Kläger Schadensersatzansprüche sowie einen Schmerzensgeldanspruch aus einem Verkehrsunfallereignis geltend, das sich am xx.05.2016 auf der Kxx zwischen G. und der K. in Richtung P. ereignet hat. Bei diesem Verkehrsunfallereignis wurde der Kläger erheblich verletzt. Die Parteien streiten unter anderem darüber, inwieweit den Kläger ein Mitverschulden an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls trifft.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 53.870,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 26.09.2018 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 858,59 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 26.09.2018 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche aus dem Verkehrsunfall vom xx.05.20216, an dem der Beklagte zu 1. und der Kläger beteiligt waren, resultierenden in Zukunft entstehenden materiellen und immateriellen Schäden, erstere, soweit entsprechende Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind, zu erstatten.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen wird auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit seinem am 20.05.2019 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 43.870,99 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 26.09.2018 so...