Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Prozessvollmacht durch ausländische Partei; Zuständigkeit deutscher Gerichte aufgrund Versäumnisurteils gegen den Kläger
Leitsatz (amtlich)
1. Die ausländische Prozesspartei muss den Nachweis der Prozessvollmacht ihres anwaltlichen Vertreters lückenlos durch deutschsprachige Urkunden führen.
2. Hat die erste Instanz ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil erlassen, dieses auf den Einspruch des Klägers bestätigt und außerdem einen nach dem Einspruch erweiterten Teil der Klage mangels Nachweis der Prozessvollmacht als unzulässig abgewiesen, ist die insoweit gebotene Aufhebung und Zurückverweisung auch auf das Versäumnisurteil zu erstrecken, weil ansonsten zum selben Klagegrund einander widersprechende Sachentscheidungen denkbar sind.
3. Ist die sachliche Zuständigkeit des deutschen Gerichts nach Art. 24 EUGVVO begründet worden, ist die später auf Art. 23 EUGVVO gestützte Rüge, ein italienisches Gericht sei zuständig, unbeachtlich. Das gilbt bei identischem Klagegrund auch für eine Klageerweiterung, die erst nach der ursprünglichen Sachverhandlung vorgenommen wird.
Normenkette
GVG § 184; EGV 44/2001 Art. 23-24; ZPO §§ 39, 88, 171-172, 253, 261, 295, 330, 338, 538 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 07.04.2009; Aktenzeichen 3 HK O 99/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 7.4.2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das LG Koblenz zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine in Italien ansässige Handelsgesellschaft. Sie verkaufte der Beklagten, die als Italienerin in Deutschland wohnt, zwischen März 2005 und Dezember 2006 Granit- und Marmorsteine. Ihrer Darstellung nach belief sich das Gesamtvolumen auf einen Rechnungswert von 133.001,28 EUR, wovon noch 33.863,44 EUR offen stünden. Die Beklagte hat den Umsatz mit 126.593,53 EUR und die Außenstände mit 1.586,39 EUR beziffert.
Von dem streitigen Saldo hat die Klägerin zunächst im Scheckprozess 15.747,99 EUR eingeklagt. Nachdem insoweit ein Versäumnisurteil gegen sie ergangen war, ist sie ins ordentliche Verfahren gewechselt und hat nunmehr den geforderten Gesamtbetrag von 33.863,44 EUR geltend gemacht.
Das LG hat in seiner Endentscheidung das Versäumnisurteil aufrechterhalten und das weitergehende Klageverlangen als unzulässig abgewiesen. Es hat gemeint, dass die Prozessvollmacht für die Klägerin nicht nachgewiesen sei.
Die Klägerin befindet sich in Liquidation. Die für sie vor dem LG auftretenden Anwälte hatten eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die die Unterschrift von M. A. trug. Dieser war nach ihrem Vorbringen ihr Liquidator. Zum Beleg dessen hatte sie das Protokoll eines Gesellschafterbeschlusses und einen Handelsregisterauszug zu den Akten gereicht, die jeweils in italienischer Sprache abgefasst waren.
Das Urteil wird mit der Berufung von der Klägerin angefochten. Sie beantragt in erster Linie die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz, hilfsweise verfolgt sie den Anspruch auf Zahlung von 33.863,44 EUR weiter. Aus ihrer Sicht war die Legitimation M. A. s, für sie zu handeln, durch die eingereichten Urkunden hinlänglich dargetan, zumal sie von der Beklagten nur unsubstantiiert bestritten worden sei. Ergänzend legt die Klägerin deutsche Übersetzungen der einschlägigen Schriftstücke vor.
Wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II. Das Rechtsmittel führt antragsgemäß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückgabe der Sache in die erste Instanz.
1. Das beruht auf der Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Allerdings hat das LG die Klage nur insoweit als unzulässig abgewiesen, als die von der Klägerin erhobenen Forderungen über den Rahmen des erlassenen Versäumnisurteils hinausgehen. Daraus folgt aber nicht, dass der Rechtsstreit lediglich in einem entsprechenden, eingeschränkten Umfang zurückzuverweisen wäre. Geschähe dies und verbliebe damit der durch das Versäumnisurteil beschiedene Teil in der Berufungsinstanz, würde ein Zahlungsverlangen in Elemente aufgespalten, die in ihren jeweiligen Bezugspunkten nicht differenziert wurden, so dass der Streitgegen-stand undefiniert wäre. Außerdem würde die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen auf zwei Ebenen drohen. Dem könnte allein dadurch entgegengewirkt werden, dass der Senat die Sache voll umfänglich in der Berufungsinstanz hielte. Das wäre jedoch nicht angemessen, weil die inhaltliche Auseinandersetzung der Parteien bisher nicht Gegenstand des Verfahrens war und damit auf nur eine gerichtliche Instanz reduziert würde.
2. Das angefochtene U...