Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Grundsätzen für eine Restwertfeststellung (Verkauf des geschädigten Unfallfahrzeugs durch den Geschädigten)
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 19.08.2010) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Mainz vom 19.8.2010 abgeändert wie folgt:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 3.330 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus
16.640 EUR
für die Zeit vom 23.1.2010 bis zum 28.1.2010,
aus
11.640 EUR
für die Zeit vom 29.1.2010 bis zum 5.2.2010,
aus
10.831,95 EUR
für die Zeit vom 6.2.2010 bis zum 23.2.2010,
aus
5.831,95 EUR
für die Zeit vom 24.2.2010 bis zum 11.3.2010,
aus
5.005,49 EUR
für die Zeit vom 12.3.2010 bis zum 2.7.2010,
und aus
3.330 EUR
seit dem 3.7.2010 zu zahlen.
Die Beklagten werden ferner verurteilt, als Gesamtschuldner an die Rechtsanwälte ... [A] vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 185,64 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 123,76 EUR für die Zeit vom 27.4.2010 bis zum 16.7.2010 und aus 185,64 EUR seit dem 17.7.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 23 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 77 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Erstattung restlichen Schadens nach einem Verkehrsunfall. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen ihnen unstreitig.
Der Pkw des Klägers wurde am 19.12.2009 bei einem von dem Beklagten zu 1) verschuldeten Verkehrsunfall stark beschädigt und erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der Beklagte zu 1) war mit einem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug auf die Gegenfahrbahn geraten und hatte dabei das entgegenkommende klägerische Fahrzeug gestreift. In dem Fahrzeug des Klägers befand sich im Unfallzeitpunkt der Kindersitz seiner vierjährigen Tochter.
Das Fahrzeug des Klägers wurde abgeschleppt und zu einem Abstellplatz verbracht, für den Standgebühren anfielen. Der mit der Regulierung der Unfallfolgen beauftragte Prozessbevollmächtigte des Klägers riet diesem, das Fahrzeug baldmöglichst zu verkaufen, um Probleme hinsichtlich der Höhe und Dauer der Standkosten zu vermeiden. Der Kläger beauftragte den Sachverständigen ... [C] mit der Erstellung eines Gutachtens zur Schadensermittlung. Am 28.12.2009 wandte sich die Beklagte zu 3) wie folgt an die Bevollmächtigten des Klägers (Bl. 50 GA):
"Bitte übersenden Sie uns das Original-Gutachten (...). Sofern Ihr Mandant beabsichtigt, das beschädigte Fahrzeug zu verkaufen, bitten wir Sie Kontakt mit uns aufzunehmen. In vielen Fällen können wir ein höheres Restwertangebot übermitteln. Das Fahrzeug wird dann kostenlos abgeholt. (...)"
Das Gutachten des Sachverständigen ... [C], auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 9 ff. GA), wurde am 30.12.2009 erstellt und berechnete einen Wiederbeschaffungswert i.H.v. 22.000 EUR. Es führt insoweit aus, dass das Fahrzeug überwiegend differenzbesteuert nach § 25a UStG mit einem Mehrwertsteueranteil von durchschnittlich 2,4 % angeboten werde; die Wertangabe von 22.000 EUR ist versehen mit dem Zusatz "(inkl. 528,- EUR MwSt.)" (Bl. 24 GA). Den Restwert des Fahrzeuges bezifferte der Sachverständige auf der Grundlage ihm vorliegender, nicht näher bezeichneter Gebote auf 5.500 EUR. Der Kläger übersandte das Gutachten an die Beklagte zu 2), bei der es am 5.1.2010 einging. Am gleichen Tag veräußerte der Kläger das Unfallfahrzeug zu einem Kaufpreis von 5.500 EUR. Am 8.1.2010 teilte die Beklagte zu 2) mit, dass ihr das Kaufangebot eines Unternehmens aus Essen zu einem Kaufpreis von 8.790 EUR vorliege. In dem Schreiben heißt es sodann (Bl. 48 GA):
"Wir bitten Ihren Mandanten, sich wegen der Veräußerung mit der genannten Firma in Verbindung zu setzen oder uns mitzuteilen, wann und wo das Fahrzeug abgeholt werden kann. Selbstverständlich wird das Fahrzeug kostenlos abgeholt. Bitte antworten Sie kurzfristig, damit kein Standgeld anfällt. Gerne sind auch wir Ihrem Mandanten behilflich. Bei fristgerechter Reaktion übernehmen wir die Garantie für die Kaufpreiszahlung. (...) Sollte das Fahrzeug anderweitig veräußert werden, berücksichtigen wir den o.g. Betrag bei unserer Abrechnung, soweit nicht ein noch höherer Preis erzielt werden konnte."
Der Kläger verlangte von den Beklagten zunächst den Ersatz folgender Schadenspositionen:
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16.500 EUR |
Fahrzeugschaden (22.000 EUR Wiederbeschaffungswert abzgl. |
5.500 EUR Restwert) |
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-1.129,07 EUR |
Gutachterkosten |
-100 EUR |
Kosten der An- und Abmeldung, Unkostenpauschale |
-708,05 EUR |
Abschleppkosten und Standgeld |
-140 EUR |
Kindersitz |
18.577,12 EUR |
Die Beklagte zu 2) leistete vorgerichtlich an den Kläger folgende Zahlungen:
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-5.000 EUR |
am 28.1.2010 |
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