Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit für Ansprüche eines multinational tätigen Handelsvertreters
Normenkette
ZPO § 29; EuGVVO Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 21.06.2007; Aktenzeichen 9 O 350/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.6.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Koblenz abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.750 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2006 zu zahlen.
Der Beklagten wird die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Zur Durchführung des Nachverfahrens wird die Sache an das LG Koblenz zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v.120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist Handelsvertreterin. Sie macht im Wege der Urkundenklage Ansprüche geltend aufgrund einer Vereinbarung, die vor dem Hintergrund von Handelsvertreterausgleichsansprüchen am 20./23.9.2005 geschlossen und bislang nicht vollständig erfüllt wurde.
Im Jahr 1995 schloss die Klägerin einen Handelsvertretervertrag mit der tschechischen Firma G.T., geschäftsansässig unter der gleichen Anschrift wie heute die Beklagte. Der Handelsvertretervertrag (Bl. 5 GA) bestimmt unter Ziff. 10 u.a.: "Sollten sich aus diesem Vertragsverhältnis Streitigkeiten ergeben, so kann jeder Teil die Entscheidung durch ein Schiedsgericht fordern oder die ordentlichen Gerichte anrufen. Gerichtsstand ist in beiden Fallen der Sitz des Klägers." Die Klägerin war zunächst für die Fa. G.T. tätig. Am 3.2.1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit: "Wir haben zum 1.2. eine neue Firma gegründet. Wir bitten Sie alle Kunden zu informieren, dass alle Rechnungen ab 1.2. an diese neue Firma G. ... a.s. ..." (Bl. 53 GA). Mit der Klägerin korrespondierte in der Folge - zumindest auch - die Beklagte. Am 19.9./22.9.1997 schlossen die Parteien eine neue Provisionsregelung (Bl. 54 GA). Nach einvernehmlicher Beendigung des Vertragsverhältnisses bestätigte die Klägerin am 20.9.2005 in einem an die Beklagte adressierten Schreiben, dass man sich dergestalt über den Handelsvertreterausgleich geeinigt habe, dass 210.200,81 EUR in 24 monatlichen Raten zu je 8.750 EUR, erstmals am 15.11.2005, gezahlt werde (Bl. 9 GA). Der Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnete das Schreiben am 23.9.2005. Die ausstehenden Raten für Juni bis Oktober 2006 macht die Klägerin im Wege der Urkundenklage geltend.
Die Klägerin hat die Gerichte ihres Sitzes aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung, durch die sie auch die Beklagte für gebunden hält, für zuständig angesehen.
Die Klägerin hat im Wege der Urkundenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 43.750 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.9.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise ihr die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
Sie hat die fehlende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt, sich insb. nicht als durch die Gerichtsstandsvereinbarung gebunden angesehen.
Mit einem am 21.6.2007 verkündeten Urteil hat der Einzelrichter der 9. Zivilkammer des LG Koblenz die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die deutschen Gerichte seien nicht nach § 29 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) zuständig; Erfüllungsort für die geltend gemachten Zahlungsverpflichtungen aus einem Handelsvertretervertrag sei der Sitz der Beklagten. Die Gerichtsstandsvereinbarung im Handelsvertretervertrag vom Januar 1995 sei zwischen der Klägerin und der G.T. getroffen wenden und binde die Beklagte nicht, da diese weder mit der G.T. identisch noch ihre Rechtsnachfolgerin sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Sie beruft sich auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art. 5 Abs. 1b EuGVVO. Zudem sei die Beklagte neben der G.T. in das Vertragsverhältnis eingetreten, das auf sie übergegangen sei, weshalb auch die Gerichtsstandsvereinbarung die Beklagte binde.
Der Beklagte beantragt sinngemäß, das am 21.6.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Koblenz aufzuheben und die Beklagte im Wege des Urkundenverfahrens zu verurteilen, an sie 43.750 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 20.10.2006 zu zahlen, sowie den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das LG Koblenz zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, der Beklagten ihre Rechte im Nachverfahren vorzubehalten und den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das LG Koblenz zurückzuverweisen.
Sie ver...