Leitsatz (amtlich)
Zum Nachweis des die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustandes krankhafter Störung der Geistestätigkeit (hier: organische bipolare affektive Störung; manisches Syndrom).
Normenkette
BGB § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 05.12.2014; Aktenzeichen 8 O 210/11) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 5.12.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das angefochtene Urteil und das Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen eines vorzeitig gekündigten Leasingvertrages über einen professionellen Großformatdrucker in Anspruch.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Der Beklagte hatte im November 2008 einen Schlaganfall erlitten und stand seit März 2009 unter Betreuung; als Betreuerin waren zunächst seine Ehefrau und später eine Rechtsanwältin eingesetzt. Das Betreuungsgericht hat mit Beschluss vom 18.11.2009 die Betreuung wieder aufgehoben; die (damalige) Betreuerin hatte dies wegen des aus ihrer Sicht verbesserten gesundheitlichen Zustands des Beklagten und im Blick auf seine "selbständige Tätigkeit und Kreditwürdigkeit" angeregt. Mit Wirkung ab dem 29.6.2010 wurde die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zur Betreuerin mit umfassendem Aufgabenkreis bestellt (Anlage B 1; Bl. 12 GA). Jedenfalls seit dem Jahr 2011 ist beim Beklagten Geschäftsunfähigkeit eingetreten.
Der Beklagte führte in früherer Zeit als Einzelkaufmann einen Druckbetrieb mit bis zu 15 Mitarbeitern, zuletzt mit nur noch einem Mitarbeiter. Der streitgegenständliche Leasingvertrag wurde ausweislich der Vertragsurkunde vom 18./28.12.2009 (Anlage K 1) mit der Firma des Beklagten abgeschlossen. Im März 2010 hat der Beklagte seiner Ehefrau die ihm gehörende Miteigentumshälfte an der gemeinsamen Immobilie übertragen; eine Prüfung der Geschäftsfähigkeit des Beklagten durch den Notar erfolgte hierbei nicht.
Das LG hat nach Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) mit Urteil vom 5.12.2014 (Bl. 250 ff. GA), unter Gewährung der Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist, den Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 14.4.2011 aufrechterhalten; hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte rügt Verletzungen des formellen wie materiellen Rechts, insbesondere eine fehlerhafte und unvollständige Beweiswürdigung. Bereits die Auswahl des Sachverständigen sei im Blick auf die "besondere Art der Demenzerkrankung" des Beklagten ermessensfehlerhaft gewesen; das LG hätte einen Neurologen oder zumindest einen Psychiater mit Fachwissen im Bereich der Gerontopsychiatrie bestellen müssen. Dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ermangele es im Übrigen an einer zureichenden Aussagekraft, es weise Lücken auf und sei teilweise widersprüchlich. Sei schon der maßgebliche Bezugszeitpunkt - Abgabe der vertraglichen Willenserklärung - fragwürdig, so habe der Sachverständige auch die Beweisfrage verfehlt, indem er bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit offensichtlich allein auf das Kriterium der Wahrscheinlichkeit abgehoben habe. Hinreichende Feststellungen zum Verlauf der psychischen Erkrankung (Demenz) fehlten; aus den Rehabilitations- und Entlassungsberichten seien widersprüchliche Schlussfolgerungen gezogen und weitere Testergebnisse nicht mehr angefordert worden. Das LG habe des Weiteren gegen seine Instruktions- und Anleitungspflicht verstoßen und fehlerhafte - überspannte - Anforderungen an das Beweismaß gestellt; der erhebliche Beklagtenvortrag sei nicht umfassend beachtet und aufgeklärt worden. Unzutreffend habe das LG schließlich den Leasingvertrag als "vernünftiges Geschäft" bewertet; hierzu im Gegensatz stehend habe der - einkommenslose - Beklagte trotz erwiesener kognitiver Einschränkungen und Fahruntauglichkeit einen Geländewagen und sodann den hier gegenständlichen - für ihn nicht annähernd bedienbaren - Drucker geleast.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG vom 5.12.2014 abzuändern und den Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 14.4.2011 (11-6561037-0-2) in Höhe von 5.207,92 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.176,80 seit dem 24.12.2010 aufzuheben.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Erkenntnis; die wortreichen, aber nicht zielführenden Ausführungen der Berufung könnten nicht zum Erfolg führen. Es liege eine vollständige, rechtsfehler- und widerspruchsfreie Beweiswürdigung vor; die Beweisfrage sei umfassend und zutreffend beantwortet. Eine positive Feststellung der Geschäftsunfähigkeit des Beklagten bereits für den Dezember 2009 könne tragfähig nicht begründet werden; zu einer ergänzenden Anhörung des Sachverständigen sei das LG nach dem Verfahrensgang nicht mehr gehalten gewesen.
II. Die - zulässige - Berufung hat in der ...